Generalanwalt zum Verlust der Staats- und Unionsbürgerschaft: Nach zehn Jahren fehlt die Bin­dung

12.07.2018

Volljährige, die die Staatsangehörigkeit eines EU-Landes und eines Drittstaats haben, können erstere verlieren, wenn sie 10 Jahre lang außerhalb der EU gewohnt haben. Für Minderjährige gilt das allerdings nicht, meint der Generalanwalt.

Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) Paolo Mengozzi ist der Auffassung, dass Volljährige, die sowohl eine Unions- als auch eine Drittstaatsangehörigkeit haben, die EU-Staatsbürgerschaft verlieren können, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt zehn Jahre lang ununterbrochen außerhalb der EU gehabt haben. Für Minderjährige mit doppelter Staatsbürgerschaft gelte dies allerdings nicht. Das geht aus seinen Schlussanträgen zu einem Fall aus den Niederlanden hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurden (Az. C-221/17).

In den Niederlanden bestimmt das Gesetz, dass volljährige Personen die niederländische Staatsangehörigkeit verlieren, wenn sie zugleich eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen und während ihrer Volljährigkeit während eines ununterbrochenen Zeitraums von zehn Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Niederlande und der Europäischen Union haben. Durch einen einjährigen Aufenthalt in der EU oder durch Verlängerung der Ausweisdokumente beginnt der Zeitraum wieder von vorn. Darüber hinaus verlieren Minderjährige die niederländische Staatsangehörigkeit, wenn ihr Vater oder ihre Mutter die Staatsangehörigkeit verliert.

Ein niederländisches Gericht legte dem EuGH dazu die Frage vor, ob der kraft Gesetzes eintretende Verlust der Staatsangehörigkeit und dem damit einhergehenden Verlust der Unionsbürgerschaft mit dem Unionsrecht vereinbar ist. In seinen Schlussanträgen bejaht der Generalanwalt diese Frage nun – jedenfalls bei Volljährigen.

Minderjährige können Verfahrensrechte nicht wahrnehmen

Laut Generalanwalt verfolgen die Niederlande mit der Regelung ein legitimes Ziel. Die Staatsangehörigkeit sei Ausdruck einer echten Bindung zwischen dem Staat und seiner Bürger. Bei längeren Aufenthalten im Ausland dürfe der nationale Gesetzgeber davon ausgehen, dass diese Bindung nicht mehr besteht, insbesondere wenn der Personal- oder Reisepass in dieser Zeit nicht verlängert wurde. Dies sei auch völkerrechtlich zulässig, da wegen der doppelten Staatsbürgerschaft keine Gefahr der Staatenlosigkeit bestehe.

Dass Minderjährige die Unionsbürgerschaft aber auch verlieren, hält der Generalanwalt für unionsrechtswidrig. Anders als Volljährige könnten Minderjährige den Verlust der Staatsbürgerschaft z.B. nicht durch die Beantragung der Ausstellung von Ausweispapieren verhindern. 

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Generalanwalt zum Verlust der Staats- und Unionsbürgerschaft: Nach zehn Jahren fehlt die Bindung . In: Legal Tribune Online, 12.07.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29719/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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