Die Genehmigung für den Abbau von Braunkohle im polnischen Tagebau Turów wurde ohne Umweltverträglichkeitsprüfung um sechs Jahre verlängert. Nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts verstößt das gegen EU-Recht.
Polen verstößt durch den anhaltenden Abbau am Braunkohletagebau Turów Schlussanträgen eines Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zufolge gegen EU-Recht. Generalanwalt Priit Pikamäe gibt dem Nachbarland Tschechien in seinen Schlussanträgen vom Donnerstag Recht (Rs. C-121/21). Tschechien hatte gegen eine Verlängerung des Kohleabbaus in Turów durch die polnische Regierung geklagt, da keine vorherige Umweltprüfung stattfand und erhebliche Umweltschäden befürchtet werden. Es könnte jedoch auch eine außergerichtliche Einigung zwischen den zwei Regierungen geben.
Polen hatte die Verlängerung des Braunkohleabbaus nahe der Grenze zu Tschechien und zu Sachsen im Jahr 2020 um weitere sechs Jahre gebilligt. Das ist nach polnischem Recht unter gewissen Umständen auch ohne Umweltverträglichkeitsprüfung möglich. Tschechien ist jedoch der Meinung, dass diese Bewilligung gegen EU-Recht verstößt und zog deshalb vor den EuGH.
Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend
Die Regierung in Prag befürchtet, dass der weitere Kohleabbau zu einer Senkung des Grundwasserspiegels führen und die Versorgung der Bevölkerung gefährden könne, außerdem sei mit Bodensenkungen und Gebäudeschäden zu rechnen. Pikamäe schrieb nun, dass große Bergbaustätten wie Turów die Gefahr erheblicher Auswirkungen auf die Umwelt mit sich brächten und es daher zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung brauche.
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki wurde am Donnerstag zu einem Besuch in Prag erwartet. Auf dem Programm stehen bilaterale Gespräche mit dem neuen liberalkonservativen Regierungschef Petr Fiala. Nach Medienberichten könnte es dabei zu einer Einigung im Streit um Turów kommen. Tschechien würde in einem solchen Fall seine Vertragsverletzungsklage vor dem EuGH zurückziehen.
Bereits im März 2021 hatte der EuGH bis zur Urteilsverkündung verfügt, dass der Kohleabbau in Turów unverzüglich eingestellt werden müsse. Weil Polen dem Beschluss nicht nachkam, ordnete der Gerichtshof später die Zahlung eines Bußgeldes in Höhe von täglich 500.000 Euro an.
Falls es keine Einigung gibt, dürfte das Urteil in dem Fall in einigen Monaten fallen.
dpa/acr/LTO-Redaktion
EuGH-Schlussanträge zum Tagebau Turów: . In: Legal Tribune Online, 03.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47419 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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