Die in Fällen von häuslicher Gewalt angeordneten Näherungsverbote können auch dann bestehen bleiben, wenn das Opfer aus freien Stücken das Zusammenleben mit dem Agressor wieder aufnehmen möchte. Dies entschied der EuGH am Donnerstag.
Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind zwei Fälle häuslicher Gewalt in Spanien. Nach spanischem Recht müssen die Gerichte bei häuslicher Gewalt zwingend Näherungsverbote von einer bestimmten Mindestdauer aussprechen. Verstöße gegen diese Verbote führen zu einer strafrechtlichen Verurteilung. Noch während der Geltung der Näherungsverbote hatten die beiden Männer auf Initiative ihrer Lebensgefährtinnen die Beziehung zu diesen wieder aufgenommen und waren daraufhin wegen Verstoßes gegen die Näherungsverbote verurteilt worden – zu Recht, wie der EuGH nun entschied (Urt. v. 15.09.2011, Az. C-483/09 und C 1/10).
In der Urteilsbegründung führten die Luxemburger Richter aus, dass der insoweit maßgebliche Rahmenbeschluss des Europäischen Rates über die Stellung des Opfers im Strafverfahren vom 15.03.2001 gewährleisten solle, dass das Opfer derartiger Straftaten sich angemessen am Strafprozess beteiligen kann.
Das in diesem Rahmenbeschluss ebenfalls anerkannte Recht des Opfers auf Anhörung solle ihm ferner Gelegenheit geben, seinen Standpunkt zu äußern. Allerdings verleihe das Anhörungsrecht dem Opfer nicht das Recht, über die Art oder Höhe der Strafen, die gegen den Täter nach den Vorschriften des innerstaatlichen Strafrechts zu verhängen sind, zu entscheiden.
Näherungsverbote dienten zudem nicht nur dem Opferschutz, sondern auch allgemeineren Interessen der Gesellschaft. Daher sei eine nationale Regelung nicht ausgeschlossen, nach der bei häuslicher Gewalt zwingende Strafen von einer gewissen Mindestdauer auszusprechen sind – selbst wenn das Opfer dieser Gewalttaten sich gegen die Verhängung der Strafe ausspricht.
eso/LTO-Redaktion
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EuGH: . In: Legal Tribune Online, 15.09.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4300 (abgerufen am: 02.12.2024 )
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