Schlussanträge des Generalanwalts am EuGH: Pkw-Maut dis­kri­mi­niert nicht

06.02.2019

Die deutsche Pkw-Maut diskriminiere ausländische Autofahrer – davon war unter anderem Österreich überzeugt und hat Deutschland beim EuGH verklagt. Allerdings habe das Nachbarland da etwas grundlegend missverstanden, so der Generalanwalt.

Die deutsche Pkw-Maut diskriminiert ausländische Autofahrer nicht. Zu diesem Ergebnis ist der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Nils Wahl, am Montag gekommen. Er empfahl den EuGH-Richtern daher, die Klage Österreichs gegen die Pläne der Bundesregierung abzuweisen (Rechtssache C-591/17).

Die Pkw-Maut auf deutschen Straßen soll im Oktober 2020 starten. Sie ist ein Prestigeprojekt der CSU aus dem Wahlkampf 2013 und soll auf Bundesstraßen und Autobahnen in Form einer Infrastrukturabgabe kassiert werden. Inländische Autofahrer sollen im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine Senkung der Kfz-Steuer komplett entlastet werden.

Halter von inländischen Fahrzeugen entrichten die Abgabe im Voraus und bekommen eine Jahresvignette. Halter oder Fahrer von ausländischen Fahrzeugen müssen die Infrastrukturabgabe bei der ersten Benutzung nach Grenzübertritt bezahlen. Sie haben die Möglichkeit für eine Zehntages-, Zweimonats- oder Jahresvignette.   

Es handelt sich um einen der seltenen Fälle, in denen ein Mitgliedstaat der Europäischen Union einen anderen verklagt. Die EU-Kommission hatte 2016 nach langem Ringen ihre Bedenken gegen die deutsche Maut fallen gelassen. Österreich zog daraufhin vor Gericht. Das Land wird bei seiner Klage von den Niederlanden unterstützt.

Österreich hat Diskriminierung grundlegend missverstanden

In seinen Schlussanträgen schlägt der Generalanwalt dem EuGH vor, die Klage gegen Deutschland abzuweisen, weil Österreich den Begriff der Diskriminierung grundlegend missverstanden habe. Zwar seien Halter inländischer Fahrzeuge überwiegend deutsche Staatsangehörige und Fahrer ausländischer Fahrzeuge überwiegend Staatsangehörige eines anderen Mitgliedsstaates. Die beiden Gruppen seien aber nicht in einer vergleichbaren Situation, so Wahl.

Halter inländischer Fahrzeuge unterlägen als Straßennutzer sowohl der Infrastrukturabgabe als auch als deutsche Steuerzahler der Kraftfahrzeugsteuer. Letztere müssten Fahrer ausländischer Fahrzeuge aber niemals entrichten. Daher seien die Halter inländischer Fahrzeuge und die Fahrer ausländischer Fahrzeuge zwar im Hinblick auf die Benutzung deutscher Autobahnen vergleichbar, nicht aber hinsichtlich der Finanzierungsmaßnahmen.

Insoweit sei das österreichische Vorbringen widersprüchlich, weil es einerseits beide Finanzierungsmaßnahmen zusammenprüfe, bei der Vergleichsgröße aber lediglich auf die Benutzung der deutschen Autobahnen durch beide Gruppen abstelle, erläutert der Generalanwalt.

Deutsche Autofahrer werden nicht besser behandelt

Zudem konnte Wahl keine bessere Behandlung deutscher Autofahrern feststellen. Von Gesetzes wegen seien die inländischen Fahrer nämlich verpflichtet sowohl die Infrastrukturabgabe als auch die Kraftfahrzeugsteuer zu bezahlen – und das unabhängig davon, ob sie die heimischen Autobahnen tatsächlich benutzen würden. Die Fahrer ausländischer Autos müssten nur die Infrastrukturabgabe bezahlen und könnten sich für eine Vignette entsprechend des tatsächlichen Bedarfs entscheiden.

Der Generalanwalt räumte zwar ein, dass die Höhe der Kraftfahrzeugsteuer dank der Steuerentlastung geringer sein werde als in der Vergangenheit. Aber selbst wenn die Steuerentlastung eine „Nullreduzierung" der Kraftfahrzeugsteuer zur Folge hätte, wäre jeder ausländische Fahrer verpflichtet, für die Benutzung deutscher Autobahnen einen Betrag zu zahlen, der höchstens so hoch wäre, wie der Betrag, der von den Haltern inländischer Fahrzeuge zu zahlen wäre.

Wahl gab dabei den deutschen Behörden recht, die darauf verwiesen, dass die Kosten des Autobahnnetzes bisher hauptsächlich von den Steuerzahlern in Deutschland getragen würden. Außerdem würden die Halter inländischer Fahrzeuge unverhältnismäßig hoch belastet, wenn sie sowohl die Infrastrukturabgabe als auch die Kraftfahrzeugsteuer bezahlen müssten.

Österreich hatte hingegen argumentiert, die sogenannte Infrastrukturabgabe diskriminiere ausländische Fahrer verbotenerweise, weil inländische Autobesitzer über die Kfz-Steuer voll für die Maut entlastet werden.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) reagierte erleichtert auf die Einschätzung des Generalanwalts.  Die Einschätzung des Gutachters sei ein nächster wichtiger Schritt, um das Maut-System im Oktober 2020 zum Laufen zu bringen. Die Nutzerfinanzierung durch alle, die die Straßen nutzten, sei richtig und schaffe Gerechtigkeit.*

mgö/LTO-Redaktion

*Scheuer-Reaktion nachträglich ergänzt (6.2., 13.44 Uhr)

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

Schlussanträge des Generalanwalts am EuGH: Pkw-Maut diskriminiert nicht . In: Legal Tribune Online, 06.02.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33699/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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