EuGH zur Haftung einer Fluggesellschaft: Kein Scha­dens­er­satz für harte Lan­dung

12.05.2021

Eine Flugpassagierin ist der Auffassung, eine harte Landung hätte bei ihr einen Bandscheibenvorfall verursacht. Ob eine solche Landung als Unfall zählt, beurteilt sich aber nicht nach dem Passagierempfinden, so der EuGH.

Eine aus Sicht des Fluggastes harte Landung eines Flugzeugs ist kein Unfall. Das müsse sich vielmehr nach objektiven Kriterien richten und nicht nach dem Empfinden des Fluggastes. So hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Fall aus Österreich entschieden (Urt. v.12.05.2021, Az. C-70/20).

Dort ist vor dem Obersten Gerichtshof die Klage einer Frau anhängig, die im Jahr 2014 Passagierin auf einem Flug der beklagten Airline war. Sie behauptet, bei der Landung einen Bandscheibenvorfall erlitten zu haben, da diese sehr "hart" gewesen sei. Die Klägerin ging in der Folge durch alle österreichischen Instanzen, um von der Airline Schadensersatz in Höhe von rund 70.000 Euro zu bekommen.

Dabei war sie zunächst nicht erfolgreich. Die nationalen Gerichte waren alle der Auffassung gewesen, dass für die Haftung der Airline ein "Unfall" nach Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal geschehen sein muss. Die Landung sei im besagten Fall zwar hart gewesen, aber immer noch im Rahmen der Grenzwerte und damit ein "typisches Ereignis während eines Flugs" und kein Unfall im Sinne der genannten Bestimmung.

Der Oberste Gerichtshof Österreichs wollte dies aber auch von den Luxemburger Richterinnen und Richtern beantwortet haben und legte im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vor. Insbesondere wollte er wissen, auf welche Kriterien es denn nun wirklich ankommt, um einen "Unfall" anzunehmen oder abzulehnen.

Jeder Fluggast empfindet anders

Der EuGH stellt dazu zunächst fest, dass nach seiner bisherigen Rechtsprechung ein "Unfall" im Sinne der Bestimmung ein unvorhergesehenes, unbeabsichtigtes und schädigendes Ereignis ist. Eine Auslegung dieser Kriterien aus Sicht des betroffenen Fluggastes scheide dabei "von vornherein" aus. Anderes würde nur zu einem "paradoxen Ergebnis" führen, schließlich empfinde jeder Fluggast anders. Außerdem wäre das eine unverhältnismäßige Ausweitung des Unfallsbegriffs zulasten der Fluggesellschaft.

Stattdessen komme es für die Frage, ob eine Landung ein Unfall ist, auf die für das konkrete Flugzeug geltenden Verfahren und Betriebsgrenzen sowie auf weitere Leistungsfaktoren und die Regeln der Technik an. Die Frage des Schadensersatzes muss nun die österreichische Gerichtsbarkeit klären. Der EuGH gibt aber mit auf den Weg, dass im vorliegenden Fall alles im Rahmen gewesen sei. Im Fall der klagenden Frau seien nämlich auch keine Pilotenfehler feststellbar und es sei bei der Landung auf dem konkreten Flughafen sogar eine harte Landung einer "weichen" vorzuziehen gewesen.

pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zur Haftung einer Fluggesellschaft: . In: Legal Tribune Online, 12.05.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44948 (abgerufen am: 03.12.2024 )

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