EuGH-Generalanwalt zu Markenschutz für "Öko-Test": Kein Test­siegel ohne Test

17.01.2019

Wo Öko-Test drauf steht, muss auch Öko-Test drin sein, oder? Ganz so eindeutig ist es nicht, wie eine Verhandlung vor dem EuGH zeigt. Doch der Generalanwalt meint, das Label dürfe nicht ohne Zustimmung des Verlags benutzt werden.

Vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) läuft derzeit ein Streit um die Reichweite des markenrechtlichen Schutzes von Testsiegeln. Was auf den ersten Blick nicht sonderlich spannend klingt, wird mit dem konkreten Sachverhalt gleich viel plastischer: Darf ein Zahnpasta-Hersteller das Öko-Test-Siegel des gleichnamigen Verlages auf seine Produkte drucken, ohne dass dieser einverstanden ist? Der EuGH-Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona sieht darin eine Markenrechtsverletzung, wie er in seinen am Donnerstag veröffentlichten Schlussanträgen erklärt (Az. C-690/17).

Der Zahnpasta-Produzent Dr. Liebe hatte das Öko-Test-Siegel auf seine Zahnpasta Aminomed gedruckt, woraufhin der Verlag Klage erhob. Zwar existierte ein Lizenzvertrag zwischen Dr. Liebe und Öko-Test, der vorsah, dass der Hersteller mit dem Testsiegel werben dürfe. Und tatsächlich war 2005 ein Test durchgeführt worden, bei dem Aminomed die Note "Sehr gut" erhielt. Vor Gericht war aber bereits streitig, ob der Lizenzvertrag fortbestehe und überhaupt die Verwendung auf der Verpackung umfasse. Außerdem trug Öko-Test vor, es gebe inzwischen neue Testparameter und die Zahnpasta sei mit der damals getesteten nicht mehr identisch.

Sowohl das Landgericht (LG), als auch das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf kamen zu dem Schluss, ein Lizenzvertrag bestehe nicht mehr. Nachdem das LG Öko-Test in erster Instanz recht gegeben hatte, zweifelte nun aber das OLG an einer Anspruchsgrundlage, auf der der Verlag verlangen könne, dass Dr. Liebe sein Logo nicht mehr verwende. Schließlich ergäben sich keine Gründe für die Klage aus dem deutschen Wettbewerbsrecht, da beide gar nicht in Wettbewerb stünden. Und auf Ansprüche aus dem Lizenzvertrag könne man sich schließlich auch nicht mehr berufen. So stellt sich die Frage, ob das europäische Markenschutzrecht ein Einschreiten gebietet.

Schutz von Dienstleistungen auch im Waren-Sektor?

Aus Verbraucherperspektive dürfte der Fall klar sein: Wo das Öko-Test-Label drauf ist, muss auch Öko-Test drin stecken, denkt man. Mit anderen Worten: Ein Hersteller sollte sich nicht mit einem Qualitätssiegel schmücken, das er gar nicht verdient. Doch darum geht es vor dem EuGH nicht. Der Markenstreit zwischen dem Öko-Test-Verlag und dem Zahnpastahersteller Dr. Liebe dreht sich vor allem um die Frage, inwiefern die Benutzung auf einem Produkt eine für Dienstleistungen der Art "Verbraucherinformation und -beratung" geschützte Marke verletzen kann.

Man kann sich den Unterschied an folgendem Beispiel verdeutlichen: Würde Dr. Liebe nun einen eigenen Produkttest (Dienstleistung) einführen und diesen Öko-Test nennen, wäre eine Markenverletzung evident. Verwendet er aber das Siegel auf seinem Produkt, ohne zu suggerieren, dies sei sein eigener Test, so ist fraglich, ob das der Test-Marke schadet.

Auch das OLG Düsseldorf hatte da seine Zweifel und legte die Frage dem EuGH vor. Auf die Beantwortung wartet nicht nur das Gericht, sondern auch der Bundesgerichtshof (BGH), der mit zwei Klage von Öko-Test gegen das Versandhaus Otto wegen unberechtigter Benutzung des Labels befasst ist.

Funktion als Qualitätssiegel beeinträchtigt

Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona trug in seinen Schlussanträgen nun vor, die Benutzung einer auf Dienstleistungen gerichteten Marke auf einem Produkt ohne Zustimmung ihres Inhabers könne dessen Markenrecht durchaus verletzen. Dies sei der Fall, wenn es sich um eine bekannte Marke handele, die das Publikum als Testsiegel verstehe und die Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtige. Dabei müsse das Ansehen der Marke beeinträchtigt werden und der Verwender "in unlauterer Weise einen Vorteil aus der Benutzung des Zeichens" ziehen, was das erkennende Gericht zu prüfen habe, so der Generalanwalt.

Der Durchschnittsverbraucher jedenfalls werde annehmen, dass Öko-Test die Ware geprüft habe, womit die "positiven Assoziationen, die mit dieser Marke in Bezug auf Werbung und Qualität verbunden werden, auf die Zahncreme übertragen werden, die den neueren Tests nicht unterzogen wurde".

Indem Dr. Liebe das Öko-Test-Label verwende, könnte dem Ansehen dieser Marke auch ein Schaden entstehen, so der Generalanwalt weiter. Schließlich werde der Anschein erweckt, dass Öko-Test die Zahnpasta weiterhin mit "Sehr gut" bewerte, obwohl diese nicht mehr aus aktuellen Test stamme. Auf diese Weise werde die Hauptfunktion der Marke als Qualitätssiegel beeinträchtigt.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH-Generalanwalt zu Markenschutz für "Öko-Test": Kein Testsiegel ohne Test . In: Legal Tribune Online, 17.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33279/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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