Ein Absolvent, der in Österreich Zahn- und Humanmedizin teilweise gleichzeitig studierte, darf nach einem EuGH-Urteil nun darauf hoffen, dass beide Abschlüsse in seinem Heimatland Italien anerkannt werden.
Ein italienischer Staatsbürger absolvierte an der Universität in Innsbruck sowohl das Medizin- als auch das Zahnmedizinstudium. Nachdem er in Italien erfolgreich beantragte, den Titel "Doktor der Zahnheilkunde", der ihm von der Universität Innsbruck verliehen wurde, anzuerkennen, begehrte er darüber hinaus noch die Anerkennung des Titels "Doktor der gesamten Heilkunde". Auch dieser Titel wurde ihm nach Abschluss des Studiums von der österreichischen Universität verliehen.
Die italienischen Behörden verweigerten jedoch die Anerkennung des zweiten Titels. Denn nach italienischem Recht sei es verboten, zwei Studiengänge gleichzeitig zu belegen und in Teilzeit zu absolvieren, so die italienische Behörde. Erlaubt sei nur eine Ausbildung in Vollzeit. Das italienische Gericht, das über den Fall zu entscheiden hatte, fragte daher den Europäischen Gerichtshof (EuGH), ob Italien verpflichtet sei, einen Titel anzuerkennen, der im Rahmen von mehreren gleichzeitig und in Teilzeit absolvierten Studiengängen erworben wurde.
System der automatischen Anerkennung
Ja, lautet die Antwort der Luxemburger Richter (Urt. v. 06.12.2018, Az. C-675/17). Denn die Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen sehe in Bezug auf die Berufe des Arztes und des Zahnarztes ein System der automatischen Anerkennung der Ausbildungsnachweise vor, wenn gewisse Mindestanforderungen an die Ausbildung erfüllt sind. Sofern dies gewährleistet ist, sei es nicht zu beanstanden, dass auch mehrere Studiengänge gleichzeitig und in Teilzeit belegt wurden.
Daher muss ein Mitgliedstaat nach Auffassung des EuGH trotz entsprechender nationaler Regelungen auch solche Titel anerkennen. Voraussetzung sei nur, dass gewährleistet ist, dass das Teilzeitmodell qualitativ nicht hinter das Vollzeitstudium zurückfällt und auch die übrigen von der Richtlinie aufgestellten Anforderungen erfüllt sind. Dafür wiederum sei allein der Herkunftsmitgliedstaat verantwortlich, im konkreten Fall also Österreich, so der EuGH weiter. Da die Universität Innsbruck den italienischen Behörden versicherte, dass die von dem Studenten absolvierten Studiengänge allen Anforderungen genüge, müsse Italien die erworbenen Titel anerkennen.
Die Luxemburger Richter führten schließlich aus, dass eine Überprüfung, ob solche Studiengänge tatsächlich allen europarechtlichen Anforderungen genüge, nicht Sache des Aufnahmestaates sei. Italien dürfe eine entsprechende Prüfung also nicht vornehmen, da andernfalls das System der automatischen Anerkennung der Ausbildungsnachweise schwerwiegend beeinträchtigt sei.
tik/LTO-Redaktion
EuGH zu Universitätsabschlüssen: . In: Legal Tribune Online, 06.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32569 (abgerufen am: 12.10.2024 )
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