Auch nach der Anhörung Polens kommen die Luxemburger Richter zu dem Schluss, dass das Land das umstrittene Gesetz über die Zwangspensionierung von Richtern am Obersten polnischen Gericht aussetzen muss.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Polen erneut aufgetragen, die Zwangspensionierung von Richtern am obersten Gericht sofort auszusetzen. Das oberste EU-Gericht bestätigte damit am Montag in Luxemburg eine Eilentscheidung seiner Vizepräsidentin von Mitte Oktober (Beschl. v. 17.12.2018, Rechtssache C-619/18 R).
Erst nach der Entscheidung vom Oktober hatte der EuGH die polnische Regierung Mitte November angehört. Doch auch jetzt kam er zu dem Schluss, dass die von der EU-Kommission beantragte einstweilige Anordnung gerechtfertigt ist. Danach muss die polnische Regierung erstens dafür sorgen, dass das Gesetz nicht mehr angewendet wird, zweitens dürfen bereits pensionierte Richter wieder ihre Tätigkeit aufnehmen und drittens muss die Neubesetzung gestoppt werden.
Bei dem Rechtsstreit geht um das umstrittenes Gesetz, mit dem Polens Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) das Renteneintrittsalter oberster Richter von 70 auf 65 Jahre gesenkt hatte. Damit sollten 20 Juristen in den Ruhestand geschickt werden. Kritiker monierten, die PiS entledige sich so missliebiger Richter. Die EU-Kommission sah die Unabhängigkeit der polnischen Justiz bedroht.
Der EuGH wog nach der Anhörung erneut ab, ob die einstweilige Anordnung berechtigt und angemessen ist. Er entschied wieder im Sinne der EU-Kommission. Nach dem ersten Anschein könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Gesetz den Grundsätzen der Unabsetzbarkeit der Richter und der Unabhängigkeit der Justiz zuwiderlaufe, heißt es aus Luxemburg.
Dabei gingen die Richter auch von der für eine einstweilige Anordnung erforderlichen Dringlichkeit aus, weil sie anderenfalls von einem schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden für die Unionsrechtsordnung ausgingen. Die Unabhängigkeit der nationalen Gerichte sei für das reibungslose Funktionieren des Vorabentscheidungsmechanismus nämlich von grundlegender Bedeutung, so der EuGH.
In einer abschließenden Abwägung überwiegen nach Auffassung des EuGH auch die Allgemeininteressen der Union an einem reibungslosen Funktionieren ihrer Rechtsordnung gegenüber den Interessen Polens am reibungslosen Funktionieren des Obersten Gerichts. Denn auch wenn die Klage der PiS in der Hauptsache abgewiesen werden sollte, würden die früheren nationalen Regelungen angewandt, wo hingegen im umgekehrten Fall irreparabel Beeinträchtigungen für das europäische Recht Drohten, so der EuGH.
Polens Regierung hat inzwischen auf die ursprüngliche Anordnung aus Luxemburg reagiert und die umstrittene Zwangspensionierung aufgehoben. Die betroffenen Juristen waren schon nach dem EuGH-Beschluss vom 19. Oktober zur Arbeit zurückgekehrt.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
Streit um Zwangspensionierung von Richtern: . In: Legal Tribune Online, 17.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32785 (abgerufen am: 06.10.2024 )
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