EuGH zur Beschlagnahme in slowenischer Zentralbank: EZB-Doku­mente sind unver­letzt­lich, egal wo sie liegen

17.12.2020

Bei einer Durchsuchung der slowenischen Zentralbank waren die Behörden nicht zimperlich und packten auch Dokumente der EZB ein. Damit haben sie gegen den Grundsatz der Unverletzlichkeit der Archive der Union verstoßen, wie der EuGH entschied.

Slowenien hat mit der einseitigen Beschlagnahme von Dokumenten der Europäischen Zentralbank (EZB) gegen den Grundsatz der Unverletzlichkeit der Archive der Union verstoßen. Da das Land auch nach der Beschlagnahme nicht ordnungsgemäß mit der EZB zusammengearbeitet habe, hat es zudem gegen seine Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit gegenüber der Union verstoßen. Dies hat der Europäischen Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag entschieden (Urt. v. 17.12.2020, Az. C-316/19).

Im Rahmen von Ermittlungen gegen den Präsidenten der slowenischen Zentralbank hatten die dortigen Behörden die Räumlichkeiten der Bank durchsucht. Dabei wurden auch Dokumente der EZB beschlagnahmt, die sich dort befanden. Die EZB teilte das den slowenischen Behörden mit und kündigte auch an, den Dokumentenschutz für die Ermittlungen aufzuheben. Die slowenischen Behörden gingen darauf aber nicht ein, weshalb die Kommission eine Vertragsverletzungklage gegen Slowenien erhob. 

Der EuGH gab dieser Klage nun statt. Da die EZB ein Unionsorgan sei, gelte für sie der Grundsatz der Unverletzlichkeit ihrer Archive. Dieser Grundsatz gelte auch für Dokumente, die sich nicht im Besitz der EZB, sondern in nationalen Zentralbanken befinden. In der einseitigen Beschlagnahme der Dokumente sahen die Luxemburger Richter einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unverletzlichkeit der Unionsarchive. 

Dadurch, dass die lokalen Behörden es der EZB nicht ermöglicht hatten, ihre Dokumente zu identifizieren, habe Slowenien zudem gegen seine Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit verstoßen. Dass die slowenischen Behörden ihrerseits Maßnahmen zur Sicherstellung der Vertraulichkeit der Dokumente ergriffen hatten, ändere daran nichts. 

"Die nationalen Zentralbanken sind integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken und werden in diesem Zusammenhang als funktionale Unionsbehörden tätig", erklärt Prof. Dr. Alexander Thiele. "Insofern hat der EuGH hier zutreffend festgestellt, dass bei dieser Tätigkeit erstellte Dokumente - selbst wenn sie in der nationalen Zentralbank aufbewahrt werden - zu den Archiven der EZB bzw. der Union gehören und damit dem Zugriff nationaler Behörden nur unterliegen, soweit dies von der EZB genehmigt wird." Etwas andere gilt laut dem Göttinger Staatsrechtler nur, soweit es sich um Dokumente der rein nationalen Tätigkeit der Zentralbank handele. "Generell bedarf es hier aber einer Kooperation der nationalen Behörden mit der EZB, um auszuschließen, dass es sich doch um Dokumente der EZB handelt", so Thiele gegenüber LTO.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zur Beschlagnahme in slowenischer Zentralbank: . In: Legal Tribune Online, 17.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43762 (abgerufen am: 15.10.2024 )

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