EuGH zu rumänischem Justizsystem: Euro­päi­sches Recht wird nur in Lux­em­burg ver­bind­lich aus­ge­legt

23.02.2022

In Rumänien dürfen sich ordentliche Gericht nicht an den EuGH wenden, wenn das eigene Verfassungsgericht eine nationale Regelung für verfassungsgemäß erklärt hat. Diese Prüfung gehöre aber nach Luxemburg, entschied nun der EuGH.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat dem Justizsystem in Rumänien erneut einen gravierenden Mangel attestiert. In einem Urteil vom Dienstag stellten die Richterinnen und Richter in Luxemburg klar, dass die Befugnisse des Verfassungsgerichts in dem südosteuropäischen Land unter anderem den Vorrang des Unionsrechts vor nationalem Recht verletzten (Urt. v. 22.02.2022, Rechtssache C-430/21).

Konkret geht es darum, dass es den ordentlichen Gerichten Rumäniens in bestimmten Fällen verboten ist, den EuGH um Prüfung zu bitten, ob nationale Rechtsvorschriften mit EU-Recht in Einklang sind (Vorabentscheidungsverfahren); nämlich dann, wenn das Verfassungsgericht das fragliche Gesetz zuvor für verfassungsgemäß erklärt hat.

Der EuGH macht nun deutlich, dass diese Regel gegen Unionsrecht verstößt. Dabei betonen die Richterinnen und Richter unter anderem, dass dies der vollen Anwendung des EU-Rechts in Rumänien entgegenstehe. Auch die Zusammenarbeit zwischen dem EuGH und den nationalen Gerichten durch Vorabentscheidungsverfahren werde beeinträchtigt. Das fragliche Gericht werde davon abgeschreckt, den EuGH anzurufen.

Nur der EuGH darf europäisches Recht auslegen

Hinzu kommt dem EuGH zufolge, dass nur er selbst als höchstes europäisches Gericht dafür zuständig ist, das gemeinsame EU-Recht verbindlich auszulegen. Ein nationales Verfassungsgericht könne nicht selbst entscheiden, dass der EuGH mit einem Urteil seine Zuständigkeit überschritten habe und das Urteil deshalb ablehnen.

Ein nationales Verfassungsgericht dürfe eine EU-Vorschrift auch dann nicht für unzulässig erklären, wenn es die Identität des Landes bedroht sieht. Es sei Sache des EuGH, dann darüber zu entscheiden. Zudem dürften Richterinnen und Richtern keine Disziplinarstrafen drohen, wenn sie eine Entscheidung des Verfassungsgerichts ignorieren und den EuGH anrufen.

Ähnlich hatte der EuGH bereits im Dezember entschieden und klargestellt, dass EU-Recht über der nationalen Verfassung steht. Damals hatten der EuGH klargestellt, dass rumänische Gerichte in bestimmten Fällen Entscheidungen des Verfassungsgerichts ignorieren können.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zu rumänischem Justizsystem: . In: Legal Tribune Online, 23.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47614 (abgerufen am: 13.12.2024 )

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