Deutschland muss nicht hunderte Millionen von der Deutschen Post zurückfordern. Einen Beschluss der EU-Kommission hat das EuG aufgehoben: Diese sei rechtswidrig davon ausgegangen, die Zahlungen für Renten von Beamten seien staatliche Behilfen.
Die Zahlungen des Bundes an die Deutsche Post mit ihren noch heute fast 36.000 Beamten werden von der EU seit jeher scharf beobachtet. Nach der Privatisierung der ehemaligen Deutschen Bundespost zur Deutschen Post AG hatte der Bund teilweise die Finanzierung von Ruhegehältern der Beamten übernommen. Zwischen 1995 und 2010 wandte er 37 Milliarden Euro auf, um den Anteil der nicht von der Post gedeckten Kosten der Pensionen zu tragen. Die Pensionsbeiträge für die aktiven Beamten sind Bestandteil einer Kostenaufstellung der Post, die zur Festsetzung des Briefportos herangezogen wird. Dessen Höhe wird amtlich von der Bundesnetzagentur genehmigt - dabei sind unter anderem die Pensionskosten ein Faktor in der Rechnung.
Aus Sicht der Kommission war dieser Posten zu hoch. Ihres Erachtens handelte es sich dabei um eine rechtswidrige staatliche Beihilfe, die, soweit ihre Höhe unangemessen sei, nicht mit dem europäischen Binnenmarkt vereinbar sei. Mit Beschluss vom 25. Januar 2012 gab die Kommission Deutschland daher auf, die der Deutschen Post seit 2003 gewährten Subventionen zurückzufordern. Sie ging dabei von einem Gesamtbetrag zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro aus.
Zu Unrecht, entschieden die europäischen Richter in Luxemburg am Donnerstag. Mit ihrer Klage gegen den Beschluss hat die Bundesrepublik nun Erfolg. Ein Sprecher der Post, die ebenfalls gegen den Beschluss vorging, begrüßte die Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union (EuG), das den Beschluss der Kommission für nichtig erklärt hat, soweit er die Subventionen für die Ruhegehälter betrifft (Urt. v. 14.07.2016, Az. T-143/12).
Kommission ging fehlerhaft von staatlicher Beihilfe aus
Die Luxemburger Richter begründen das mit einem Rechtsfehler der Kommission. Diese habe das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt, ohne nachzuweisen, dass der Deutsche Post AG durch diese staatliche Kofinanzierung ein tatsächlicher wirtschaftlicher Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern verschafft wurde. Das ist aber Voraussetzung, um eine Maßnahme als staatliche Beihilfe zu qualifizieren, dem Begünstigten müsste gegenüber seinen Konkurrenten ein selektiver wirtschaftlicher Vorteil gewährt werden. Ein solcher Vorteilmüsse bei der Frage geprüft werden, um überhaupt von einer staatlichen Beihilfe auszugehen ist - und nicht etwa erst, wenn es um deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt geht, wie es die Kommission jedoch getan habe.
Eine solche Begünstigung gegenüber den Konkurrenten ergebe sich auch nicht schon daraus, dass Deutschland die Kosten übernommen habe, so das EuG. Denn andere private Unternehmen hätten derartige Kosten für Pensionen von Beamten, die über einen "privilegierten und kostenaufwändigen Status verfügen", gar nicht erst zu tragen.
Die Post hatte die von der Kommission geforderte Summe im Jahr 2012 vorsorglich auf ein Treuhänder-Konto gelegt. Nun werde das Unternehmen das Geld wieder verwenden, sagte der Sprecher am Donnerstag in Bonn. Allerdings kann die EU-Kommission innerhalb von zwei Monaten noch vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ziehen.
Mit Materialien von dpa
Pia Lorenz, EuG hebt Beschluss der EU-Kommission auf: . In: Legal Tribune Online, 14.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20004 (abgerufen am: 06.12.2024 )
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