Seit Monaten streiten die EU-Kommission und der Astrazeneca-Hersteller über fehlenden Impfstoff. Immer wieder reduziert das Unternehmen seine Lieferungen. Nun wird der Konflikt ein Fall für die Justiz.
Im Streit über ausbleibende Impfstofflieferungen hat die EU-Kommission rechtliche Schritte gegen den Hersteller des Astrazeneca-Impfstoffs eingeleitet. Man habe das Verfahren vor einem belgischen Gericht auch im Namen der 27 Mitgliedstaaten gestartet, teilte ein Kommissionssprecher am Montag mit.
Der britisch-schwedische Hersteller hatte die Lieferungen von Corona-Impfstoff an die Europäische Union in den vergangenen Monaten immer wieder einseitig drastisch gekürzt. Im ersten Quartal gingen nur 30 Millionen statt 120 Millionen Impfdosen an die 27 Staaten. Für das zweite Quartal werden nach jüngsten Angaben 70 Millionen Dosen erwartet. Ursprünglich waren 180 Millionen vereinbart.
Verstoß gegen den Rahmenvertrag?
Aus Sicht der EU-Kommission verstößt der Hersteller damit gegen einen EU-Rahmenvertrag vom August 2020. Insgesamt hat die EU-Kommission 300 Millionen Dosen von Astrazeneca bestellt. Eine Option auf weitere 100 Millionen Dosen ließ sie ungenutzt verstreichen.
Das Verhältnis zwischen der EU-Kommission und dem Unternehmen ist schon lange angespannt - auch weil Großbritannien von den Lieferproblemen kaum betroffen war. Die EU hatte deshalb einen Export-Kontrollmechanismus eingeführt. Eine Lieferung über 250.000 Astrazeneca-Dosen aus Italien nach Australien wurde blockiert.
Die EU-Kommission hatte bereits ein Schlichtungsverfahren mit dem Unternehmen eingeleitet. Die Klage ist nun der nächste Schritt. An den Lieferrückständen dürfte sich dadurch allerdings nichts ändern.
Hersteller weist die Vorwürfe zurück
Der Impfstoffhersteller hat sich nach dem von der EU-Kommission eingeleiteten Verfahren gegen den Konzern für sein Vorgehen gerechtfertigt. Man habe sich an den Vertrag mit der EU-Kommission gehalten und werde sich vor Gericht verteidigen, hieß es am Montag in einer Reaktion des Unternehmens auf die Ankündigung aus Brüssel.
"Wir glauben, dass dieser Rechtsstreit unbegründet ist, und begrüßen die Möglichkeit, diese Auseinandersetzung so schnell wie möglich beizulegen", hieß es. Man werde den EU-Staaten bis Ende April gemäß der Vorhersage fast 50 Millionen Impfdosen liefern. Außerdem arbeite man daran, die Produktion weiter schnellstmöglich hochzufahren.
Astrazeneca von der EU weiter in allen Altersgruppen zugelassen
Ein Großteil des Impfstoffs, der in den EU-Staaten gespritzt wird, stammt derzeit vom deutsch-amerikanischen Hersteller Biontech/Pfizer. Neben Astrazeneca haben außerdem die Präparate von Moderna sowie Johnson & Johnson eine europäische Zulassung.
Inzwischen wird der Impfstoff von Astrazeneca in vielen EU-Staaten nur noch eingeschränkt verwendet, weil er in Verbindung mit sehr seltenen Fällen von Hirnvenenthrombosen gebracht wird. Er ist von der EU-Arzneimittelbehörde EMA aber weiter uneingeschränkt freigegeben. Nach wie vor würden die Vorteile des Astrazeneca-Impfstoffs in jeder Altersgruppe überwiegen, erklärte die EMA bei der Vorstellung einer neuen Analyse am Freitag in Amsterdam.
ast/dpa/LTO-Redaktion
Weil Impfstoff fehlt: . In: Legal Tribune Online, 26.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44812 (abgerufen am: 08.10.2024 )
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