Das Europäische Parlament zeigt sich angesichts der Pläne für eine weitreichende Justizreform in Rumänien besorgt. Man sieht die Unabhängigkeit von Richtern und Staatsanwälten in Gefahr. Die Regierung hingegen gibt sich unbeeindruckt.
Das Europäische Parlament hat in einer Resolution Rumäniens Pläne für eine Justizreform scharf kritisiert. Die überarbeiteten Vorschriften hätten das Potenzial, "die Unabhängigkeit der Justiz und die Kapazität zur wirksamen Korruptionsbekämpfung im Land strukturell zu schädigen und die Rechtsstaatlichkeit zu schwächen", heißt es in der Entschließung, die die Abgeordneten am Dienstag in Straßburg mit 473 Ja-Stimmen, 151 Nein-Stimmen und 40 Enthaltungen verabschiedeten. Die rumänische Staatsführung solle verhindern, dass Korruption im Amt entkriminalisiert werde.
Die Reformen sehen unter anderem Regeln zur früheren Pensionierung von Richtern und Staatsanwälten vor. Außerdem wurden die Strafprozessordnung geändert sowie das Korruptionsstrafrecht entschärft. Anfang Juli wurde die angesehene Korruptions-Sonderstaatsanwältin Laura Kövesi entlassen. In Rumänien gehen aus Protest gegen das Vorgehen der Regierung immer wieder Menschen auf die Straße.
Rumäniens Ministerpräsidentin Viorica Dancila und ihr Parteivorsitzender Liviu Dragnea wiesen die Kritik in Bukarest prompt zurück. Beide Politiker der rumänischen Sozialdemokraten
(PSD) betonten, die Positionen Straßburgs und Brüssels seien weniger bedeutend als die realen Probleme des Landes. Dancila sagte, sie wünsche, "dass Rumänien nicht aufgrund (...) irgendwelcher Resolutionen beurteilt wird, die mehr oder weniger real sind (...), aufgrund von Dingen, die die einen oder anderen sagen".
Dragnea äußerte sich ähnlich: "Die großen Themen Rumäniens liegen jenseits aller Berichte und Monitoring-Verfahren." Der Parteichef ist wegen Wahlmanipulationen vorbestraft und darf deswegen nicht selbst Ministerpräsident werden. Jedoch kontrolliert er die Regierung. Zudem wurde er in erster Instanz wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, wogegen er Berufung einlegte.
Am Dienstag sollte außerdem die EU-Kommission einen Bericht zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Rumänien und Bulgarien vorlegen. Beide Länder stehen seit ihrem EU-Beitritt 2007 unter Beobachtung, weil sie anfangs noch nicht alle Vorgaben gegen Korruption und organisiertes Verbrechen sowie zur Stärkung der Justiz erfüllten. Jährlich veröffentlicht die Kommission seitdem Fortschrittsberichte. Im Januar übernimmt Rumänien den Vorsitz im Kreis Rat der EU.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Entschließungsantrag zur Rechtsstaatlichkeit in Rumänien: . In: Legal Tribune Online, 13.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32047 (abgerufen am: 11.11.2024 )
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