Eltern, deren Kinder mangels Schul-Präsenzpflicht jetzt zu Hause betreut werden müssen, erhalten künftig eine Entschädigung. Eltern dagegen, die ihre Kinder wegen des Infektionsrisikos nicht in die Kita geben wollen, gehen leer aus.
Eigentlich hatten Kanzlerin und die Ministerpräsidentinnen und -minister in ihrem Beschluss vom vergangenen Sonntag Eltern, die ihre Kinder im Lockdown zu Hause betreuen müssen, zusätzlichen, "bezahlten" Urlaub versprochen. "Für Eltern werden zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, für die Betreuung der Kinder im genannten Zeitraum bezahlten Urlaub zu nehmen“, heißt es in dem Papier, das in diesen Tagen in Gesetzes- bzw. Verordnungsform gegossen wird.
Doch dieses vollmundige Versprechen ist seit Mittwoch vom Tisch bzw. wurde - wie es hinter vorgehaltener Hand aus Regierungskreisen heißt - "mit Rücksicht auf die Arbeitgeber und die Union" stark eingedampft: Beschlossen wurde lediglich eine staatliche Entschädigung in Höhe von 67 Prozent des Verdienstausfalls, maximal von 2.016 Euro monatlich. Anspruch darauf haben diejenigen Eltern, bei deren Kindern kein Präsenzunterricht mehr in der Schule stattfindet oder wo die Schulferien verlängert wurden. § 56 Abs. 1a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) wird entsprechend ergänzt. Bislang galt eine solche Regelung bereits für den Fall, dass die Kindertagesstätte (Kita) oder Schule des Kindes im Wege behördlicher Anordnung geschlossen wurde.
Der nun insoweit ausgeweitete Anspruch auf Entschädigung gilt für insgesamt 20 Wochen: jeweils zehn Wochen für Mütter und zehn Wochen für Väter - beziehungsweise 20 Wochen für Alleinerziehende. Der Maximalzeitraum von zehn beziehungsweise 20 Wochen kann über mehrere Monate verteilt werden. Voraussetzung ist, dass keine anderweitige "zumutbare" Betreuungsmöglichkeit für das Kind sichergestellt werden kann. Und die Regelung gilt auch nur für Sorgeberechtigte von Kindern, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die behindert und hilfebedürftig sind.
Kita-Notbetreuung verhindert Entschädigung für Eltern
Zu früh gefreut haben sich dagegen viele Eltern von Kita-Kindern, deren Einrichtungen – wie in den meisten Bundesländern - den Regelbetrieb eingestellt haben und in denen nur noch ein Notbetrieb stattfindet. Diese Eltern werden zwar wie z.B. von der Berliner Senatsverwaltung "eindringlich aufgefordert", ihr Kind während des aktuellen Lockdowns möglichst zu Hause zu lassen und das Notbetreuungsangebot nur in Anspruch zu nehmen, wenn ein außerordentlich dringlichen Betreuungsbedarf besteht. Folgen die Eltern indes dieser Empfehlung, gibt es für sie keinerlei staatliche Hilfe; auch dann nicht, wenn ihnen der Arbeitgeber nur unbezahlten Urlaub einräumt, weil sämtliche Urlaubstage bereits verbraucht sind.
Denn nach der am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossenen Entschädigungsregelung reicht es nicht aus, dass die Kita im Notbetrieb und mit weniger Personal fährt. Es müssten vielmehr "Betriebsferien" angeordnet worden sein, wie es in einer Formulierungshilfe aus dem Bundesgesundheitsministerium für die Koalitionsfraktionen im Bundestag heißt. Das bedeutet: Nur wenn die Kita auf behördliche Anordnung komplett geschlossen wurde, gibt es ggf. Entschädigung. In Bundesländern wie in Berlin oder Nordrhein-Westfalen ist das gegenwärtig ausgeschlossen, denn die Kitas sind nur ein bisschen geschlossen ("kein Regelbetrieb"), aber eben nicht so ganz.
Die Konsequenz der in solchen Fällen ausbleibenden Entschädigung dürfte im Hinblick auf die allseits erhoffte Eindämmung der Pandemie fatal sein: Ohne finanziellen Ausgleich werden viele Eltern gar nicht darum herumkommen, ihre Kinder in den Notbetrieb der Kita zu geben - auch wenn gerade das unerwünscht ist und das Infektionsrisiko für Erzieherinnen und Erzieher sowie die Familie dadurch steigt.
Ob es deshalb an dieser Stelle zumindest seitens der Länder kulantere Lösungen zugunsten der betroffenen Kita-Eltern geben wird, ist noch offen. Im Familienministerium des Landes Berlin kann man sich das offenbar gut vorstellen: "Wir begrüßen jede Unterstützung für die Eltern, wenn diese eine Kita-Betreuung nicht in Anspruch nehmen", erklärte Sprecherin Mirjam Kaplow von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie gegenüber LTO. Ein positives Signal müsste hier jedoch aus dem zuständigen Berliner Finanzressort kommen. Eine Antwort auf eine entsprechende LTO-Anfrage lag bis zum Erscheinen dieses Artikels nicht vor.
In Baden-Württemberg sieht man für solche Konstellationen grundsätzlich keinen Spielraum: "Wenn Sorgeberechtigte eine von der Kita angebotene Notbetreuung freiwillig nicht wahrnehmen, kann kein Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 a IfSG entstehen", heißt es auf LTO-Anfrage aus dem Stuttgarter Sozialministerium. Etwa anderes könne allerdings dann gelten, wenn aufgrund mangelnder Kapazitäten in der Kita die Notbetreuung für das betreffende Kind nicht angeboten werden könne. "Dann besteht der Entschädigungsanspruch dem Grunde nach." Die Kita müsse dies jedoch auf einer "Negativbescheinigung" bestätigen. Ein entsprechendes Formular gebe es auf dem ländergemeinsamen Online-Portal.
Kinderbetreuung im Lockdown: . In: Legal Tribune Online, 17.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43765 (abgerufen am: 08.12.2024 )
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