Der US-Präsident lässt gut 250 Männer und Teenager wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft in einem venezolanischen Kartell nach El Salvador abschieben. Dafür stützt er sich auf ein Gesetz von 1798 – und ignoriert eine richterliche Anordnung.
Zuletzt war der Alien Enemies Act von 1798 die Grundlage, um Deutsche und Japaner im Ersten und Zweiten Weltkrieg zu internieren. Nun nutzte US-Präsident Donald Trump das Gesetz, um gegen das mutmaßliche venezolanische Verbrecherkartell Tren de Aragua vorzugehen. Am vergangenen Wochenende ordnete Trump die Abschiebung von rund 250 Männern und Jugendlichen nach El Salvador. Auch 14-Jährige sollen dabei sein.
Er ignorierte dabei die Entscheidung eines Bundesrichters, der einen vorläufigen Stopp für dieses Vorgehen angeordnet hatte. Was den Ausgelieferten vorgeworfen wird, ist unklar; nicht einmal alle Identitäten sind bekannt.
Der Alien Enemies Act, zu Deutsch etwa Gesetz über ausländische Staatsfeinde, ermöglicht es dem Präsidenten, übliche Verfahren vor Einwanderungsgerichten zu umgehen, um solche Ausländer zu inhaftieren und abzuschieben, die aus einer "feindlichen Nation" stammen. Das ist nach übereinstimmenden Medienberichten aber nur möglich, wenn die Vereinigten Staaten Krieg gegen einen feindlichen Staat erklärt haben oder wenn der Präsident der Meinung ist, dass den Vereinigten Staaten eine "Invasion oder ein räuberischer Überfall" droht – auf Letzteres beruft sich Trump in der Anordnung.
Trump ignoriert eine gerichtliche Anordnung
Der US-Präsident argumentiert, dass Tren de Aragua "feindliche Handlungen" und "irreguläre Kriegsführung" gegen das US-Territorium ausübe. Er erhebt den Vorwurf, die Gruppe folge dabei auch Anweisungen der Regierung von Venezuelas diktatorischem Präsidenten Nicolás Maduro. Nach Venezuela erfolgte die Abschiebung jedoch nicht. Laut Spiegel verbietet das Land derartige Abschiebeflüge. El Salvador hingegen ist willens und in der Lage, die Männer in seinen gefürchteten Haftanstalten unterzubringen. Die USA sollen dem Land dafür jährlich rund sechs Millionen Dollar zahlen.
Der Bundesrichter in Washington jedoch hielt den Alien Enemies Act entgegen Trumps Auffassung nicht für eine taugliche Rechtsgrundlage für das Vorgehen. Er ordnete daher am Samstag gegen 18:45 Uhr Ostküstenzeit mündlich die Rückkehr aller Flugzeuge an, mit denen Venezolaner unter Trumps Weisung nach El Salvador abgeschoben wurden. Etwa 40 Minuten später bekam die US-Regierung dies auch schriftlich. Doch sie ignorierte die Gerichtsentscheidung.
Unterbringung in Foltergefängnis?
Zwei Flugzeuge waren zu diesem Zeitpunkt schon in der Luft, ein weiteres startete kurz darauf. Und so wurden die knapp 300 Männer und Teenager ins salvadorianische "Gefängnis für terroristische Gefangene" (CECOT) verbracht. In dem gigantischen Gefängnis mit einer Kapazität von 40.000 Insassen herrschen menschenrechtswidrige Zustände, immer wieder gibt es Berichte über Folterungen und Tötungen.
Das Weiße Haus erklärte am Sonntag, dank der großartigen Arbeit des Außenministeriums seien die Männer nach El Salvador gebracht worden, wo sie keine Gefahr mehr für das amerikanische Volk darstellen könnten. Außenminister Marco Rubio hatte zuvor auf der Plattform X ein Video geteilt, das El Salvadors Präsident Nayib Bukele gepostet hatte. Es zeigt die Ankunft der laut Bukele 261 Männer und Teenager, 238 von ihnen sollen Mitglieder von Tren de Aragua sein, 23 weitere Personen sollen der salvadorianischen Gang MS-13 angehören. Das Video zeigt außerdem, wie die Männer gedemütigt, an den Haaren gezogen und rasiert werden.
Sie wurden unter massivsten Sicherheitsvorkehrungen abgeführt. Trump postete das Video später auch auf seiner Plattform Truth Social und schrieb: "Das sind die Monster", die von seinem Vorgänger Joe Biden ins Land gelassen worden seien. Er dankte El Salvador und Präsident Bukele.
Politiker verhöhnen Justiz
Die New York Times berichtete, möglicherweise seien die Flugzeuge schon in El Salvador gewesen, als der Bundesrichter eingegriffen habe. Die Zeitung verwies auf einen Social-Media-Post des salvadorianischen Präsidenten, in dem dieser einen Artikel zu der Richterentscheidung teilte und dazu höhnisch kommentierte: "Ups… Zu spät." Die New York Times hatte zuvor auch einen Anwalt der Bürgerrechtsorganisation ACLU zitiert, die gegen Trumps Order geklagt hatte, dass dieser glaube, dass zwei Flugzeuge am Samstagabend bereits unterwegs gewesen seien. ACLU argumentierte, dass die kriminelle Bande nicht an einer "Invasion" beteiligt war.
Der Spiegel geht davon aus, dass der Fall letztlich beim Supreme Court landen wird, wo "dann ein für allemal über Trumps Machtfülle entscheiden wird". Ob es so kommt, bleibt abzuwarten – für die Abgeschobenen sind gleichwohl längst schon Fakten geschaffen worden. Insgesamt bestimmt der Zustand der "lawlessness", wie es Prof. Franz C. Mayer auf LTO beschreibt, mehr und mehr die US-Politik. Auch über den Politikbetrieb hinaus gehen damit teils drastische Implikationen einher, etwa für Anwaltskanzleien in den USA. Auch ein Regieren über die eigentlich endgültige zweite Amtszeit hinaus scheint nicht ausgeschlossen.
jb/LTO-Redaktion
mit Material der dpa
Trotz gerichtlicher Verfügung: . In: Legal Tribune Online, 18.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56814 (abgerufen am: 19.04.2025 )
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