Die Arbeitsbelastung am EGMR hat sich im vergangenen Jahr kaum verändert. Dies teilte EGMR-Präsident Guido Raimondi mit - und gab auch Zahlen darüber bekannt, welche Staaten am häufigsten verurteilt wurden.
Das Jahr 2018 hat dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) keine Entlastung im Vergleich zum Vorjahr gebracht. Wie Gerichtspräsident Guido Raimondi mitteilte, waren Ende 2018 56.350 offene Fälle bei dem Straßburger Gericht anhängig. Mit nahezu derselben Anzahl endete auch das Vorjahr.
Von allen 47 Mitgliedstaaten wurde Russland am häufigsten wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilt, insgesamt 248 mal. Damit ging mehr als ein Viertel der Verurteilungen auf das Konto Russlands, was auch angesichts der großen Bevölkerungszahl ein hoher Wert ist. Beobachter fürchten, dass sich die Menschenrechtssituation in dem Land bei einem möglichen Ausscheiden Russlands aus dem Europarat noch weiter verschlechtern könnte, denn dann hätten die Bürger keinen Zugang mehr zum Gerichtshof. Auf Platz zwei lag die Türkei mit 140 Urteilen.
Russland liegt seit Jahren mit der Staatenorganisation im Streit und droht mit dem Rückzug. Hintergrund sind Strafen gegen Moskau - verhängt 2014 als Reaktion auf die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim. Aus Protest dagegen zahlt Russland seit Sommer 2017 keine Beiträge mehr an den Europarat, der dadurch in schwere Finanznöte geraten ist. Russland stellte einst rund ein Zehntel des Europarats-Budgets.
Straßburg unter finanziellem Druck
Auch der Gerichtshof gerät deswegen unter Druck: Im vergangenen Jahr seien bereits zwei Millionen Euro eingespart worden - vor allem, indem freie Stellen nicht neu besetzt worden seien, hieß es bei der Pressekonferenz.
Präsident Raimondi betonte darüber hinaus noch einmal die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips. In erster Linie seien die Nationalstaaten dazu verpflichtet, die Rechte und Freiheiten ihrer Bürger nach der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu schützen. Die Konvention verlange, dass die Staaten diese Rolle auch voll übernähmen.
Eine der Herausforderungen des vergangenen Jahres waren laut Raimondi die vielen komplexen Fälle, die nicht von den mit drei Richtern besetzten Ausschüssen, sondern durch die mit sieben Richtern besetzten Kammern entschieden werden müssen.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
Jahresbericht des EGMR: . In: Legal Tribune Online, 24.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33441 (abgerufen am: 12.11.2024 )
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