Deutsche Finanzbehörden dürfen Durchsuchungen auf illegal beschaffte Bankdaten stützen. Der EGMR entschied, dass die Verwendung solcher Daten nicht gegen das Recht auf Schutz der Privatsphäre verstoßen habe.
Die Verwendung illegal beschaffter Bankdaten verstößt nicht gegen das Recht auf Schutz der Privatsphäre. Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Donnerstag in einem Fall aus dem Jahr 2008 (Urt. v. 06.10.2016, Az. 33696/11).
Geklagt hatte ein deutsches Ehepaar, dessen Wohnung damals im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens durchsucht worden war. Die Durchsuchung basierte auf Bankdaten, die der Bundesnachrichtendienst aus Liechtenstein gekauft hatte. Ein Bankmitarbeiter hatte die Daten zuvor illegal kopiert.
Das Ehepaar wurde später aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Seine Verfassungsbeschwerde gegen die Durchsuchung blieb allerdings erfolglos. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte die Nutzung der Steuer-CD 2010 erlaubt (Beschl. v. 09.11.2010, Az. 2 BvR 2101/09). Es hatte dabei festgestellt, dass auch Beweismittel, die rechtswidrig erlangt worden sind, im Einzelfall verwendet werden dürfen. Darin unterscheidet sich die deutsche Rechtsprechung etwa von der amerikanischen, wo die "fruit of the poisonous tree"-Doktrin besagt, dass Beweismittel, die rechtswidrig erlangt wurden, oder deren Fund auf rechtswidrig erlangten Beweisen aufbaut, in aller Regel nicht verwertbar sind.
Keine Verletzung der Menschenrechte
Die Straßburger Richter hatten an diesem Grundsatz nichts auszusetzen und verneinten eine Verletzung des Ehepaares in ihrem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Die Durchsuchung sei verhältnismäßig gewesen, da es sich bei Steuerhinterziehung um eine gravierende Straftat handele, heißt es in dem Urteil. Die Behörden verfolgten mit der Bekämpfung solcher Straftaten auch ein legitimes Ziel, welches nicht außer Verhältnis zu der damit verbundenen Beeinträchtigung der Rechte des Ehepaares stehe.
Zudem schütze das deutsche Strafverfahrensrecht Beschuldigte ausreichend vor Missbrauch - etwa dadurch, dass ein Richter die Durchsuchung anordnen muss. Es weise auch nichts darauf hin, dass die Behörden absichtlich und systematisch Gesetze gebrochen hätten, um an Informationen für die Verfolgung von Steuerstraftaten zu kommen. Vielmehr werde durch das Verfahren vor den nationalen Gerichten deutlich, dass die Durchsuchung selbst rechtmäßig stattgefunden hat. Dem stehe eine rechtswidrige Beschaffung der zugrundeliegenden Beweismittel nicht entgegen.
NRW hat 1,8 Milliarden Nachzahlungen kassiert
Die Richter sahen zudem keine rufschädigende Wirkung der Durchsuchung auf das Ehepaar, die eine Menschenrechtsverletzung hätte begründen können. Daher sei auch nach den Umständen des Einzelfalls keine Verletzung des Art. 8 EMRK anzunehmen.
Vor allem Nordrhein-Westfalen kauft regelmäßig Bankdaten - teilweise für Millionenbeträge. Nach Angaben des Landesfinanzministeriums lohnen sich diese Investitionen. Dadurch ausgelöste Steuernachzahlungen und Geldbußen summierten sich nach Angaben des Landes bis Mitte 2015 auf mehr als 1,8 Milliarden Euro.
dpa/nas/LTO-Redaktion
EGMR zu Hausdurchsuchungen auf Basis von Steuer-CDs: . In: Legal Tribune Online, 06.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20791 (abgerufen am: 08.10.2024 )
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