Auch wenn eine Entscheidung in der Sache nicht gefallen ist, bleiben Minarette in der Schweiz verboten. Der EGMR entschied am Freitag, dass die Beschwerdeführer keine Opfer sind. Um das Verbot gerichtlich prüfen lassen zu können, müssten sie schon selbst das Minarett errichten wollen - lediglich eine neu gebaute Moschee mit Minarett besuchen zu wollen reiche nicht aus.
Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sind die Kläger nicht unmittelbar von einer vermeintlichen Verletzung der Konvention für Menschenrechte (EMRK) betroffen und daher nicht beschwerdeberechtigt (Urt. v. 08.07.2011, Az. 65840/09 u. 66274/09).
Der Gerichtshof führt aus, dass eine zulässige Beschwerde gemäß Art. 24 EMRK von einer Person eingelegt werden muss, die behaupten kann, Opfer einer Verletzung der Konvention zu sein. Neben den unmittelbar Betroffenen lasse das Gericht in Ausnahmefällen auch Beschwerden nur indirekter oder potenzieller Opfer zu.
Die Beschwerdeführer, eine Personen muslimischen Glaubens sowie Vereine und eine Stiftung mit dem Zweck, Muslime sozial und geistig zu betreuen, haben jedoch hauptsächlich gerügt, dass das Bauverbot sie in ihrer religiösen Überzeugung verletze - eine konkrete Auswirkung hätten sie gerade nicht behauptet. Unmittelbare Opfer seien sie damit nach Meinung der Richter nicht, indirekte ebenso wenig.
Der EGMR prüfte zwar auch, ob die Beschwerdeführer potenzielle Opfer sind, kommt aber zu keinem anderen Ergebnis. Die Beschwerdeführer hätten nicht argumentiert, in nächster Zeit eine Moschee mit Minarett bauen zu wollen, sodass das in der Schweizer Verfassung verankerte Verbot sie direkt treffen könnte. Die bloß abstrakt denkbare Möglichkeit, dass sie irgendwann eine Moschee bauen wollen könnten, reichte nach Auffassung des Gerichtshofs nicht aus.
Weil die Beschwerde allein gegen das Verbot in der Schweizer Verfassung gerichtet war, das in der Schweiz allgemein anwendbar ist, fehlten den Richtern weitere außergewöhnliche Umstände, die die Beschwerdeführer zu potentiellen Opfern machen könnten. Sollte eine konkrete Baugenehmigung abgelehnt werden, seien die Schweizer Gerichte in der Lage, die Vereinbarkeit mit der EMRK zu überprüfen.
Die Richter ergänzten außerdem, dass Art. 13 EMRK kein Rechtsmittel garantiere, das es erlauben würde, die Gesetzgebung eines Staates vor einem innerstaatlichen Gericht als mit der Konvention unvereinbar anzufechten.
ssc/LTO-Redaktion
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EGMR: . In: Legal Tribune Online, 08.07.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3699 (abgerufen am: 06.12.2024 )
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