Griechenland hat systematisch Flüchtlinge an den Außengrenzen zurückgewiesen, so der EGMR. Diese Praxis der sogenannten Push-Backs ist illegal. Griechenland muss an eine türkische Lehrerin nun 20.000 Euro Schadensersatz zahlen.
Eine Türkin erhält von Griechenland Schadensersatz in Höhe von 20.000 Euro. Die Frau war von den griechischen Behörden in die Türkei zurückgeschoben worden, ohne dass sie einen Asylantrag stellen konnte. Damit hat Griechenland diverse Rechte der Frau verletzt, urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR, Urt. v. 07.01.2025, Az. 15783/21). Der EGMR stellte in der Entscheidung fest, dass Griechenland diese illegalen Push-Backs systematisch betrieben habe.
Die Frau war 2019 aus der Türkei nach Griechenland geflohen, nachdem ein türkisches Gericht sie zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation verurteilt hatte. Die Frau soll zur Gülem-Bewegung gehören, die von der türkischen Regierung für den Putsch-Versuch von 2019 verantwortlich gemacht wird.
In Griechenland griff die lokale Polizei die Frau auf, ignorierte nach Darstellung des EGMR das Asylgesuch, nahm ihr persönliche Gegenstände wie Handy und Geld ab und hielt sie für einige Stunden in einem Gefängnis fest. Dann setzten die Beamten sie in ein Schlauchboot und schickten die Frau über einen Grenzfluss zurück in die Türkei. Dort wurde sie von türkischen Behörden verhaftet. Der griechische Flüchtlingsrat hatte die Klage der Betroffenen beim EGMR anhängig gemacht.
Inhaftierung entbehrte jeder Grundlage
Der Gerichtshof befand nun auf eine Verletzung der Rechte der Frau aus Art. 3 (Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung) und Art. 13 (Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). In der Entscheidung formulierte der Gerichtshof, es habe starke Anzeichen dafür gegeben, dass es seinerzeit eine “systematische Praxis der Zurückschiebung von Drittstaatsangehörigen” durch die griechischen Behörden gab.
Der Gerichtshof erkannte darüber hinaus wegen der Inhaftierung auf eine Verletzung von Art. 5 (Recht auf Freiheit und Sicherheit). Diese "inoffizielle Inhaftierung" sei eine Vorstufe zum Push-Back gewesen und habe jeder rechtlichen Grundlage entbehrt.
Pro Asyl bezeichnete das Urteil als "Paukenschlag". Es sei "zwar seit Jahren bekannt, dass Griechenland Schutzsuchende systematisch mit brutaler Gewalt illegal zurückweist oder auf dem offenen Meer aussetzt. Konsequenzen gab es für Griechenland bisher jedoch nicht", sagt Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. Damit müsse ab heute Schluss sein.
tap/LTO-Redaktion
Schadensersatz nach Zurückweisung einer Lehrerin: . In: Legal Tribune Online, 07.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56277 (abgerufen am: 15.01.2025 )
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