Im Untersuchungsausschuss rund um die "Affäre Edathy" verweigerte der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann am Donnerstag die Aussage, weil die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittele. Zu den Ermittlungen wegen Strafvereitelung könnten zeitnahe weitere wegen falscher uneidlicher Aussage vor dem Gremium kommen. Dafür, dass Hartmanns bisherige Darstellung nicht zutreffen, lieferte Sebastian Edathys Anwalt Anhaltspunkte.
Michale Hartmann werde von seinem Recht auf umfassende Auskunftsverweigerung Gebrauch machen, teilte sein Anwalt dem Untersuchungsausschuss per Fax mit, während der Anwalt von Sebastian Edathy, Christian Noll, dem Ausschuss am Donnerstag noch Rede und Antwort stand. Auf Beschluss des Ausschusses musste der Abgeordnete trotzdem vor dem Gremium erscheinen. Die ihm gestellten Fragen beantwortete er jedoch durchweg nicht.
Hartmann begründete das mit zwei Schreiben der Staatsanwaltschaften Berlin und Hannover, in denen die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen ihn wegen "Strafvereitelung zugunsten des Angeklagten Sebastian Edathy" mitgeteilt wird. Sein Anwalt berief sich aber auch darauf, dass "tragende Mitglieder dieses Ausschusses" an der Sachaufklärung und Wahrheitsfindung "gänzlich uninteressiert" seien. "Aus erkennbar politischen Motiven" werde sein Mandant als "Lügner gebrandmarkt".
Edathys Anwalt bringt Hartmann in Bedrängnis
Christian Noll, Anwalt des wegen Kinderporno-Verdachts angeklagten ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy, lieferte den Abgeordneten Anhaltspunkte dafür, dass die von seinem Mandanten dem Ausschuss vorgetragene Darstellung der Geschehnisse zutrifft und nicht die Hartmanns. Im Kern geht es um die Frage, ob, wann und wer Sebastian Edathy über die gegen ihn laufenden Ermitlungen in Kenntnis setzte.
Anwalt Noll sagte aus, sein Mandant habe ihm bereits bei ihrer ersten Begegnung am 27. November 2013 mitgeteilt, dass Hartmann ihn vor den Ermittlungen gegen ihn gewarnt und dann mehrfach über den Fortgang des Verfahrens unterrichtet habe. Über Hartmann habe Edathy auch erfahren, dass das Bundeskriminalamt eine Akte über ihn angelegt habe, die über die fachlich zuständige Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft in Gießen an die örtlich zuständige Generalstaatsanwaltschaft in Celle weitergeleitet worden sei. Edathy habe ihm zudem gesagt, dass Hartmann diese Informationen aus der BKA-Spitze habe und eine "ganze Reihe von Personen" Bescheid wisse, darunter auch führende SPD-Politiker. Hartmann streitet bislang alles ab, unter Druck steht zunehmend auch der SPD-Fraktionsschef Thomas Oppermann.
Edathy-Anwalt: StA Hannover zeigte "Schauspiel erster Güte"
Noll zeigte sich im Ausschuss verwundert darüber darüber, dass die Staatsanwaltschaft Hannover noch im Dezember jede Kenntnis eines "Vorgangs Edathy" geleugnet habe, obwohl sie, wie man inzwischen weiß, bereits seit 5. November im Besitz der Akte war. Am 17. Dezember habe ihm Edathy berichtet, dass Hartmann BKA-Chef Ziercke als seine Quelle genannt habe.
Am 20. Dezember habe dann der zuständige Oberstaatsanwalt Thomas Klinge die Existenz einer Akte Edathy eingeräumt. Sie liege in seinem Zimmer, und da er in Urlaub gehe, werde "erst mal nichts passieren". Sie hätten ein Treffen am 22. Januar in Hannover vereinbart, sagte Noll aus. Bei diesem Termin sei Klinge aber zurückgerudert und habe erklärt, er kenne die Akte nicht. Das Treffen sei "ein Schauspiel erster Güte" gewesen. Noll begründete die Versuche der Kontaktaufnahme mit Ermittlungsbehörden damit, dass Edathy, der davon ausgegangen sei, dass es sich bei den bestellten Filmen um "rechltich nicht zu beanstandendes Material" gehandelt habe, eine Bearbeitung der Vorwürfe ohne öffentliches Aufsehen angestrebt und eine umfangreiche Kooperation mit den Ermittlern angeboten habe. Diese seien aber darauf nicht eingegangen.
Laut Noll hat Edathy von seinem damaligen SPD-Kollegen Hartmann erfahren, dass im gleichen Verfahren auch ein Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes in Verdacht geraten sei. Diese Tatsache dürfte zu diesem Zeitpunkt nur Wenigen bekannt gewesen sein und wird von manchen als Bestätigung dafür gesehen, dass die Informationen aus dem BKA stammten. Der fragliche Mitarbeiter spielte später in der parlamentarischen Aufarbeitung als "Beamter X" eine Rolle.
Die Ausschussvorsitzende Eva Högl, selbst von der SPD und von Mitgliedern anderer Parteien gern als parteiisch bezeichnet, teilte Michael Hartmann mit, dass seine Aussage nach Ablauf der vorgeschriebenen zweiwöchen Frist für abgeschlossen erklärt werde. Falschaussagen könne er dann nicht mehr heilen, seine Angaben würden der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung auf eventuelle uneidliche Falschaussagen übergeben. § 153 StGB* ordnet die Strafbarkeit von falschen Aussagen auch vor Untersuchungsausschüssen an, das Strafmaß liegt bei drei Monaten bis fünf Jahren.
mbr/pl/LTO-Redaktion
Anm. d. Red.: * Ein sachlicher Fehler wurde nachträglich korrigiert eine Stunde nach der Veröffentlichung. (pl)
Edathy-Untersuchungsausschuss: . In: Legal Tribune Online, 06.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14618 (abgerufen am: 04.10.2024 )
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