Es sah so aus, als könnte der designierte US-Präsident Donald Trump einer Strafe im Schweigegeld-Prozess bis nach seiner zweiten Amtszeit entgehen. Jetzt kommt es doch anders: Am Freitag will Richter Merchan das Strafmaß verkünden.
Mehrfach wurde der Termin zur Verkündung des Strafmaßes im Schweigegeld-Prozess gegen Donald Trump verschoben, selbst die Staatsanwaltschaft zeigte sich offen, mit der Strafmaßverkündung Jahre – bis nach dem Ende der zweiten Amtszeit Trumps – zu warten. Umso überraschender hat Richter Juan Merchan den Termin nun auf den 10. Januar 2025 gelegt. Zehn Tage später soll Trump als US-Präsident vereidigt werden.
Trump könne zu dem Gerichtstermin "persönlich oder virtuell" erscheinen, heißt es in dem Dokument. Der Richter schreibt darin, dass er nicht dazu tendiere, eine Haftstrafe zu verhängen – was ohnehin nicht als sehr wahrscheinlich galt. Anstelle dessen werde eine "bedingungslose Entlassung" anvisiert, ein selten genutztes Strafmaß. In diesem Fall wäre das Verfahren ohne Haft-, Geld- oder Bewährungsstrafe beendet. Trump könnte dagegen in Berufung gehen.
Bestehen bleiben würde aber die Verurteilung des Republikaners. Der designierte US-Präsident war zuvor mit dem Versuch gescheitert, das in New York gegen ihn verhängte Urteil wegen des Verschleierns von Schweigegeldzahlungen zu verhindern. Richter Merchan hatte jedoch am Schuldspruch festgehalten. Damit würde Trump als erster verurteilter Straftäter ins Weiße Haus ziehen.
Trumps Anwälte hatten argumentiert, dass US-Präsidenten gemäß einem Urteil des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten weitgehende Immunität für Handlungen im Amt genießen. Merchan erklärte aber, dass diese Entscheidung im vorliegenden Fall nicht gelte, da die beanstandeten Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin vor Trumps erster Präsidentschaft von 2017 bis 2021 erfolgt seien. Außerdem habe es sich um Handlungen als Privatmann gehandelt.
Erstmals ein Ex-Präsident verurteilt
In dem Prozess ging es um die illegale Verschleierung von 130.000 Dollar Schweigegeld, die Trump an eine Pornodarstellerin zahlen ließ – nach Überzeugung des Gerichts mit dem Ziel, sich Vorteile im Wahlkampf 2016 zu verschaffen. Geschworene in New York befanden Trump Ende Mai in allen 34 Anklagepunkten für schuldig. Es war das erste Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten, dass ein ehemaliger Präsident wegen einer Straftat verurteilt wurde.
Das Team von Donald Trump hat scharfe Kritik an der geplanten Strafmaßverkündung im Schweigegeld-Prozess kurz vor der Amtseinführung des designierten US-Präsidenten geübt. "Dieses rechtswidrige Verfahren hätte nie eingeleitet werden dürfen und die Verfassung verlangt, dass es sofort eingestellt wird", teilte Trumps Sprecher, Steven Cheung, mit.
Trump müsse gestattet werden, den Übergangsprozess vor dem Machtwechsel in Washington fortzusetzen und die Pflichten der Präsidentschaft zu erfüllen, "ohne durch die Überreste dieses Verfahrens oder andere Überbleibsel der Hexenjagd behindert zu werden". Es dürfe keine Strafmaßverkündung geben, schrieb Cheung. Trump werde gegen den ganzen Betrug ankämpfen, bis dieser vernichtet sei, hieß es in der Mitteilung weiter.
Mehrere Prozesse auf Bundesebene gegen Trump waren seit seinem Wahlsieg schon eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft argumentierte in diesen Fällen mit der Gepflogenheit des Justizministeriums, nicht gegen amtierende Präsidenten zu ermitteln.
6. Januar: Jahrestag des Sturms auf das Kapitol
Als Trump die Wahl vor vier Jahren gegen den scheidenden US-Präsidenten Joe Biden verlor, machten die Anhänger des Republikaners deutlich, was sie von diesem Ausgang hielten. Ein wütender Mob stürmte den US-Kongress in Washington, um zu verhindern, dass Biden als Wahlsieger bestätigt wird. Fünf Menschen kamen ums Leben.
Nicht nur Trump-Anhänger wurden für ihre Beteiligung am Sturm auf das Kapitol verurteilt, auch Trump selbst wurde wegen versuchten Wahlbetrugs angeklagt. Das Verfahren wurde nach seinem Wahlsieg jedoch eingestellt.
Als Präsident könnte Trump versuchen, die Folgen des 6. Januar 2021 rückgängig zu machen. Im Wahlkampf hat er versprochen, Anhänger zu begnadigen, die sich an dem gewaltsamen Sturm beteiligt hatten und deshalb verurteilt wurden. "In dem Moment, in dem wir gewinnen, werden wir die Fälle aller politischen Gefangenen, die zu Unrecht Opfer des Harris-Regimes geworden sind, rasch überprüfen. Und ich werde ihre Begnadigungen am ersten Tag unterschreiben", sagte Trump etwa.
Sich selbst kann Trump in diesem Fall nicht begnadigen. Das ist bereits deswegen nicht möglich, weil Trump von einem Gericht in New York verurteilt wurde. Präsidenten können aber nur Personen begnadigen, die von Bundesgerichten verurteilt wurden. Darüber hinaus werden Selbstbegnadigungen in der US-Rechtswissenschaft abgelehnt.
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Wende im Schweigegeld-Prozess: . In: Legal Tribune Online, 06.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56261 (abgerufen am: 12.02.2025 )
Infos zum Zitiervorschlag