djt-Beschlüsse zum IT- und Kommunikationsrecht: Kein Recht auf Freiheit, Anonymität und Vergessen im Netz

20.09.2012

Sehr konkrete Vorschläge aus München: Der Deutsche Juristentag will nur per Opt in Datenverarbeitung in Internet einwilligen, ein "Recht auf Vergessen" im Netz soll es nicht geben, Dienstebetreiber stören nicht per se und für die Ergebnisse von Suchen soll Google schon mal nicht haften.

Die Internetnutzung muss möglichst bald gezielt gesetzlich geregelt werden, denn eine Selbstregulierung durch Diensteanbieter und Betreiber funktioniert nicht, stellte die Fachabteilung IT- und Kommunikationsrecht des Deutschen Juristentags fest. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts sowie die datenschutzgerechte Verwendung personenbezogener Angaben im Internet seien dringend sicherzustellen. Nur internationale Regelungen können ausreichend Schutz gewährleisten.

Die IT- und Kommunikationsrechtler begrüßen nicht nur die von der EU-Kommission angestrebte europäische Datenschutzverordnung, die anwendbar sein soll, sobald sich ein Angebot an Nutzer in europäischen Märkten wendet, unabhängig davon, ob der Diensteanbieter seinen Sitz in einem Drittstaat hat. Sie fordern vielmehr einen weltweiten Einsatz für globale Regelungen.

Kein Recht auf Freiheit oder Anonymität im Netz

Neue Vorschriften wollen die Juristen zukünftig zu einem vorab festzulegenden Datum vor dem Hintergrund der bei ihrer Anwendung gemachten Erfahrungen sowie der technischen Entwicklung überprüfen.

Ein Grundrecht auf freie Internetnutzung soll es ebenso wenig geben wie eines auf Anonymität im Netz. Durch ein Pseudonym soll der Nutzer zumindest identifizierbar sein, fordern die Juristen.

Zwar heben sie die Bedeutung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung auch im Netz hervor, ein grundsätzliches Recht auf Vergessen mit der Folge, dass die Einwilligung in die Verarbeitung von Daten per se nach vier Jahren erlischt, lehnen sie aber ab. Einwilligungen sollen nur per ausdrücklichem opt in erteilt, aber jederzeit widerrufen werden können. Dabei soll die Widerrufsmöglichkeit aber abgewogen werden gegen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und daher begrenzt sein. Dienstebetreiber müssen nur auf Aufforderung löschen und nicht auf eine Löschung durch Dritte hinwirken.

Persönlichkeitsrechtsverletzung: Keine Haftung von Suchmaschinenbetreibern

Bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen wollen die Juristen dem Betroffenen einen Auskunftsanspruch zur Benennung des Rechtsverletzers gewähren, Provider, Internetdienstebetreiber und andere Mediäre sollen auf Schadensersatz aber nur in Anspruch genommen werden können, wenn sie sich die Veröffentlichungen Dritter zueigen machen.

Betreiber reiner Suchmaschinen sollen für solche Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Suchmaschinen nicht haften, die von Suchergebnissen ausgelöst werden.

Zur Auto-Vervollständigung bei Eingabe in das Suchfeld wie der, die Ex-Bundespräsidentengattin Bettina Wulff wegen der Zusätze "Prostituierte" oder "Escort-Service" derzeit gerichtlich untersagen lassen will, beschlossen die IT-Rechtler am Donnerstag allerdings nichts.

Für Äußerungen auf Kommunikationsplattformen schlagen sie das "Notice-and-take-down"-Verfahren vor: Auf Meldung eines potentiell Verletzten wird zunächst der Äußernde zur Stellungnahme aufgefordert. Nimmt er nicht in gesetzter Frist Stellung, wird seine Äußerung entfernt; andernfalls findet die rechtliche Auseinandersetzung zwischen Äußerndem und Verletztem statt. Anonyme Meinungsäußerungen werden umgehend entfernt.

Rr/pl

Zitiervorschlag

djt-Beschlüsse zum IT- und Kommunikationsrecht: Kein Recht auf Freiheit, Anonymität und Vergessen im Netz . In: Legal Tribune Online, 20.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7136/ (abgerufen am: 26.03.2024 )

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