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Debatte im Bundestag: Flag­genver­b­rennen bald ver­boten?

16.01.2020

Teilnehmer einer Demonstration verbrennen am 10.12.2017 eine selbstgemalte Fahne mit einem Davidstern in Berlin im Stadtteil Neukölln

(c) dpa

Bei Demonstrationen werden immer wieder die Flaggen bestimmter Staaten verbrannt - auch in der Bundesrepublik. Bislang steht dies im deutschen Recht nur in bestimmten Fällen unter Strafe. Doch das soll sich nun ändern.

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Wer öffentlich die Flagge eines ausländischen Staates verbrennt, muss voraussichtlich bald mit Strafen rechnen. Vertreter der großen Koalition stellten am Mittwoch im Bundestag eine entsprechende Gesetzesänderung in Aussicht. "Diese symbolischen Akte von Verachtung und Hass wollen wir nicht weiter zulassen", erklärte Justizstaatssekretär Christian Lange (SPD).

Allgemein strafbar ist gem. § 90a Abs. 1 Nr. 2 StGB lediglich das öffentliche Verunglimpfen der Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder – grundsätzlich fällt darunter auch, die entsprechende Flagge zu verbrennen. Flaggen ausländischer Staaten werden dagegen nach § 104 StGB (Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten) nur dann geschützt, wenn sie auf Grund von Rechtsvorschriften oder nach anerkanntem Brauch öffentlich gezeigt werden, letzteres etwa bei Sportwettbewerben oder Tagungen.

Wenn Flaggen aber bei Protesten von Demonstranten mitgebracht und anschließend verbrannt werden, fällt das nicht unter den Tatbestand. Hintergrund der geplanten Ausweitung sind Vorfälle wie im Jahr 2017, als Demonstranten in Berlin israelische Flaggen zerstört hatten. Der Protest richtete sich damals gegen die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. "So etwas darf in Deutschland nicht geschehen", sagte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein. "Umso besser, dass dies nun für die Fahnen aller Länder gelten soll." Der Unions-Obmann im Rechtsausschuss, Jan-Marco Luczak (CDU), betonte, wer Flaggen verbrenne, "überschreitet eine Schwelle, die in einem zivilisierten Land nicht überschritten werden darf".

Opposition sieht Vorhaben skeptisch

Anlass der Bundestagsdebatte war ein Gesetzentwurf aus dem Bundesrat, der eigentlich nur Angriffe auf die Flagge und die Hymne der Europäischen Union unter Strafe stellen wollte. Dieses Vorhaben soll nun erweitert werden, indem man das Zerstören und Beschädigen aller ausländischer Flaggen unter Strafe stellt. "Durch solche Vorgänge kann nicht nur das Ansehen des ausländischen Staates beschädigt werden, auch die guten Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zum Flaggenstaat können hierdurch beeinträchtigt werden", erklärte Lange.

Die SPD-Fraktion verwies zudem darauf, dass mit dem Entwurf auch der Passus wegfalle, nach dem die Regierung die Justiz im Falle von Straftaten gegen ausländische Staaten ermächtigt. Die deutsche Justiz könne selbst beurteilen, wann ein Strafverfahren eingeleitet werden sollte. Eine Ermächtigung der Regierung sei unnötig – diese Voraussetzung soll deshalb gestrichen werden. Hintergrund ist der Fall von Jan Böhmermanns Gedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei hatte nach der Ausstrahlung der Sendung rechtliche Schritte verlangt. Die Regierung in Berlin machte den Weg für ein Strafverfahren wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes frei.

Die Linksfraktion lehnt den Entwurf ab. Sie findet, dem Verbrennen von Flaggen sollte man mit dem Ordnungsrecht begegnen, nicht mit dem Strafrecht. Ähnlich argumentieren die Grünen. Der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jürgen Martens, sieht die Pläne ebenfalls skeptisch und warnt vor einer inflationären Ausweitung von Strafrecht. Die AfD-Fraktion ist aus anderen Gründen dagegen. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Bernd Baumann sagte: "Die EU ist kein Staat. Dementsprechend müssen für ihre Symbole auch nicht die gleichen Sonderregeln gelten."

dpa/acr/LTO-Redaktion

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Debatte im Bundestag: . In: Legal Tribune Online, 16.01.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39717 (abgerufen am: 12.06.2025 )

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