Verfassungsschutz in Sachsen: Unsi­cher­heit über Beo­b­ach­tung von Abge­ord­neten

03.11.2020

Die Speicherung von Daten von AfD-Abgeordneten durch das LfV in Sachsen ist umstritten, dabei scheint die Sache verfassungsrechtlich eigentlich klar. Der Abschlussbericht zu dem Vorgang ist nun angekündigt. 

Die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Sächsischen Landtages will die umstrittene Speicherung der Daten von AfD-Abgeordneten durch den Verfassungsschutz im Dezember endgültig bewerten. Dann soll ein Abschlussbericht vorgelegt werden, teilte der Landtag am Dienstag mit. Am Montag hatte sich die Kommission mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes, Andreas Schurig, über den Sachverhalt beraten.

Schurig hatte die Datensammlung des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) über AfD-Abgeordnete unlängst als "weitgehend rechtmäßig" bezeichnet. Das Vorgehen des LfV habe "grundsätzlich mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Beobachtung von Abgeordneten" im Einklang gestanden. Das LfV hatte nur öffentlich zugängliches Datenmaterial erhoben und ausgewertet. "Ein Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel ist nicht erfolgt. Dies gilt auch in virtueller Hinsicht", stellte die PKK im September fest. Die Aufgabe der PKK besteht darin, die Aktivitäten der Regierung bei der Aufsicht über das Landesamt für Verfassungsschutz und die Tätigkeit dieses Amtes zu kontrollieren.

Allerdings fiel die Einschätzung der Kommission damals teilweise anders aus als die von Schurig vertretene Auffassung. "Die beabsichtigte Speicherung gesammelter Informationen zu einzelnen Abgeordneten genügte in keinem Fall den engen rechtlichen Anforderungen", hieß es unter anderem. Diese sollen daher nach Bearbeitung aller Auskunftsersuchen und nach Beendigung von sich gegebenenfalls anschließenden Gerichtsverfahren gelöscht werden.

Beobachtung nur unter strengen Voraussetzungen

Ursprünglich gingen Innenminister Roland Wöller (CDU) und der neue Verfassungsschutz-Chef Dirk-Martin Christian davon aus, dass das Amt unter Leitung des früheren Präsidenten Gordian Meyer-Plath Daten über AfD-Mandatsträger rechtswidrig sammelte. Die Sammlung und Speicherung von Daten über Abgeordnete unterliege strengen Regelungen. Das Grundgesetz schütze ausdrücklich das freie Mandat von Abgeordneten, argumentierten sie. Später kündigten Wöller und Christian eine nochmalige rechtliche Prüfung an.

Grundsätzlich ist eine Beobachtung von Abgeordneten durch den Verfassungsschutz möglich. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 2013 bei einer Verfassungsbeschwerde des Thüringer Ministerpräsidenten Ramelows entschieden, über den das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eine Personenakte führte. Allerdings sei die Beobachtung eines Abgeordneten durch den Verfassungsschutz ein Eingriff in das freie Mandat (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG), der nur im Einzelfall gerechtfertigt sein könne und strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen unterliege. Wenn es tatsächliche Anhaltspunkte gibt, dass Abgeordnete ihr freies Mandat zum Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung missbrauchen oder sie aktiv und aggressiv bekämpfen, könne die Beobachtung gerechtfertigt sein. 

dpa/pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Verfassungsschutz in Sachsen: Unsicherheit über Beobachtung von Abgeordneten . In: Legal Tribune Online, 03.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43299/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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