Wenn das Parlament nicht mehr zusammentreten kann, sieht das Grundgesetz ein Notparlament vor – aber nur im Verteidigungsfall. Angesichts des Coronavirus gibt es nun erste Überlegungen für eine Grundgesetzänderung.
Im Bundestag gibt es erste Überlegungen für eine Grundgesetzänderung, um die gesetzgeberische Handlungsfähigkeit auch dann zu erhalten, wenn das Parlament wegen der Corona-Pandemie nicht zusammentreten kann. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag nach einem Gespräch von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) mit den Parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen.
In der telefonischen Schaltkonferenz bestand demnach aber Einigkeit, die für die kommende Woche geplante Sitzungswoche stattfinden zu lassen. Anschließend geht der Bundestag ohnehin erst einmal für drei Wochen in die Osterpause. Der Bundestag zählt 709 Abgeordnete, von denen aber zu den einzelnen Tagesordnungspunkten oft nur die jeweiligen Fachpolitiker im Plenarsaal sind. Dadurch ließen sich zum Beispiel Sicherheitsabstände einhalten, hieß es.
Inzwischen sind vier Abgeordnete positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Für den Fall, dass es mehr werden, wird eine sogenannte Pairing-Lösung erwogen: Dabei ziehen bei Abstimmungen auch andere Fraktionen Abgeordnete zurück, so dass die ursprünglichen Mehrheitsverhältnisse gewahrt bleiben.
Zwei-Drittel-Mehrheit könnte zum Problem werden
Das Grundgesetz sieht einen "Gemeinsamen Ausschuss" von Bundestag und Bundesrat als Notparlament im Verteidigungsfall vor, wenn das Parlament nicht rechtzeitig zusammentreten kann. Der Ausschuss besteht nach Artikel 53a aus 48 Mitgliedern, von denen zwei Drittel Abgeordnete des Bundestags und ein Drittel Mitglieder des Bundesrats sind. Eine vergleichbare Regelung gibt es für Fälle jenseits des Verteidigungsfalls wie jetzt bei der Corona-Pandemie nicht.
Nach dpa-Informationen wird nun aber diskutiert, ins Grundgesetz einen Artikel 53b einzufügen, der für solche Entwicklungen greift. Aus dem Kreis der Parlamentarischen Geschäftsführer verlautete jedoch, dass ein derart einschneidender Schritt gründlich zu beraten sei und nicht im Eiltempo vorgenommen werden dürfe.
Zudem wurde darauf hingewiesen, dass für Änderungen des Grundgesetzes jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich ist. Angesichts der Corona-Krise könnte es schwierig werden, so viele Abgeordnete beziehungsweise Ländervertreter ohne Ansteckungsgefahr zusammenzuholen.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Handlungsfähigkeit des Bundestages: . In: Legal Tribune Online, 16.03.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40857 (abgerufen am: 11.10.2024 )
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