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VG zur Maskenpflicht in Düsseldorf: Nur einer muss sie nicht beachten

von Tanja Podolski

09.11.2020

Fußgänger mit Mund-Nasen-Bedeckung

(c) fotokunst63/stock.adobe.com

Die für die gesamte Stadt Düsseldorf angeordnete Maskenpflicht ist rechtswidrig. Allerdings ist sie nur für den erfolgreichen Antragsteller aufgehoben, alle anderen müssen sie im Stadtgebiet weiter beachten.

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Die Allgemeinverfügung der Stadt Düsseldorf zur Maskenpflicht auf dem gesamten Stadtgebiet ist rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf auf den Eilantrag eines Düsseldorfers hin entschieden (Beschl. v. 09.11.2020, Az. 26 L 2226/20). Die Entscheidung wirkt allerdings lediglich für den Antragsteller, alle anderen müssen sich weiter an die Regelung halten.

Der Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf, in der der Inzidenzwert bei Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner seit vielen Tagen die Hundertermarke und zuletzt gar den Wert von 200 überschritten hat, hatte die Allgemeinverfügung am 3. November auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) erlassen.

In ihr ist geregelt, dass auf dem gesamten Stadtgebiet ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden muss, "sofern und solange nicht aufgrund von Tageszeit, räumlicher Situation und Passantenfrequenz objektiv ausgeschlossen ist, dass es zu Begegnungen mit anderen Personen kommen kann, bei denen ein Abstand von fünf Metern unterschritten wird. Diese Verpflichtung gilt für zu Fuß Gehende sowie Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, die zur Benutzung des Gehwegs berechtigt oder verpflichtet sind, nicht aber für Radfahrende und Personen in Kraftfahrzeugen."

Die Allgemeinverfügung sieht zudem Ausnahmen für Parkanlagen, Friedhöfe, Grünflächen und außerhalb geschlossener Bebauung vor.

In dieser Formulierung sah das VG das Problem: Für den Bürger sei nicht erkennbar, wo und wann er der Maskenpflicht unterliegt. Ob die gerade bestehe, müsse er anhand unbestimmter Rechtsbegriffe wie "Tageszeit", "räumliche Situation" und "Passantenfrequenz" selbst entscheiden. Damit sei – insbesondere auch hinsichtlich möglicher Bußgelder bei Verstößen – dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügt.

Auch die Abstandsregel von fünf Metern monierte die Kammer, da diese über die sonst übliche Vorgabe von 1,50 Metern Abstand hinausgehe. Auf welchen Erkenntnissen die weitergehende Regelung beruhe, sei nicht ersichtlich.

Bei Nachbesserung: "Beschwerde der Stadt könnte erfolgreich sein"

"Eine Erklärung dazu kann man sich als Bürger zwar selbst denken", sagt Robert Hotstegs, Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Düsseldorf, "aber das reicht nun einmal nicht." Insofern komme die Entscheidung für ihn auch nicht überraschend. Notwendig sei vielmehr, dass der Verordnungsgeber selbst eine Begründung für eine derartige Regelung liefert. Die müsse auch nicht in der Allgemeinverfügung selbst enthalten sein, aber zumindest als begleitende Veröffentlichung.

Hotstegs rechnet damit, dass die Stadt Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen und gleichzeitig die Allgemeinverfügung mit einer Erklärung zum Fünf-Meter-Abstand oder einer Anpassung der Abstandsregelung nachbessern wird. "Denn die Stadt hat eine Faustformel gesucht, um nicht konkret jede einzelne Straße oder Uhrzeiten benennen zu müssen, und die fünf-Meter-Regel geschaffen, damit die Menschen genug Zeit zu haben, die Maske aufzuziehen, bevor sie ohne den erforderlichen Abstand von 1,5 Metern aufeinandertreffen."

Eine erforderliche Begründung könne die Stadt leicht nachholen, meint der Anwalt, und sie könnte auch die Bestimmtheit der Rechtsbegriffe herstellen. "Die Stadt kommt nicht umhin, mindestens Uhrzeiten und Wochentage zu benennen, an denen die Pflicht gilt - und an welchen nicht. Dann wird jedoch das Problem deutlich, dass nicht für jede Straße in Düsseldorf zu allen Zeiten die gleichen Regelungen funktionieren. Die Stadt muss also die unbestimmten Rechtsbegriffe klären, nur dann würde eine Beschwerde gegen die Entscheidung des VG auch erfolgreich sein", so der Düsseldorfer Anwalt.

Bis es dazu kommt, gilt die Allgemeinverfügung für alle übrigens weiter: Die Entscheidung aus dem Eilverfahren entfaltet nur Wirkung zwischen dem Antragsteller und der Stadt.

Update am Tag der Veröffentlichung, 15.12 Uhr:

Aus der Landeshauptstadt heißt es nun in einer offiziellen Bekanntmachung: "Düsseldorf respektiert den Beschluss des Verwaltungsgerichts und hat die Allgemeinverfügung, die eine Alltagsmaskenpflicht für das gesamte Stadtgebiet vorsah, aufgehoben." Eine neue Allgemeinverfügung sei bereits in Vorbereitung und werde voraussichtlich schon am Dienstag erlassen.

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VG zur Maskenpflicht in Düsseldorf: Nur einer muss sie nicht beachten . In: Legal Tribune Online, 09.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43359/ (abgerufen am: 16.08.2022 )

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