Auch Berlin ist dann mal soweit: Der Senat beschließt die lange erwartete Verordnung zur Umsetzung des Cannabisgesetzes. Sie regelt etliche Details zu den Anbauvereinen. Hinzu kommt ein langer Bußgeldkatalog.
Gut ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des bundesweiten Gesetzes zum Cannabiskonsum hat nun auch der Berliner Senat die erforderliche Verordnung für dessen Umsetzung beschlossen. Das teilte die Staatssekretärin aus der Gesundheitsverwaltung Ellen Haußdörfer (SPD) im Anschluss an die Senatssitzung am Dienstag mit. Vorausgegangen war dem Beschluss ein veritables Zuständigkeitschaos, das die Umsetzung des zugrundeliegenden Bundesgesetzes über Monate verzögert hatte. LTO hatte berichtet. Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) hatte erst kürzlich das von der Ampel beschlossene Cannabisgesetz gegenüber LTO heftig kritisiert: "Das Cannabisgesetz ist auf ganzer Linie gescheitert. Ziel war es, die Justiz zu entlasten – doch das Gegenteil ist eingetreten."
Nach der Verordnung ist nunmehr das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) dafür zuständig, Cannabis-Anbauvereinigungen die nötige Erlaubnis zu erteilen. Noch ist die Verordnung nicht in Kraft. Sie ist erst gültig, sobald sie im Gesetzes- und Verordnungsblatt veröffentlicht wurde. Haußdörfer geht davon aus, dass das Anfang November passiere.
Höchstens 500 Mitglieder pro Anbauvereinigung
Die Anbauvereinigungen dürfen das gemeinschaftlich angebaute Cannabis zum Eigenkonsum an ihre Mitglieder weitergeben. Laut der Verordnung darf eine Anbauvereinigung maximal 500 Mitglieder haben, die mindestens 18 Jahre alt sein müssen und jeweils nur einer Vereinigung angehören dürfen.
Außerdem darf es berlinweit maximal eine Anbauvereinigung auf 6.000 Einwohner geben, also rechnerisch insgesamt gut 600. Aus Haußdörfers Sicht ist das allerdings keine realistische Größe: “Wir gehen nicht mal davon aus, dass wir in die Nähe einer dreistelligen Zahl kommen.”
23 Anträge für Anbauvereinigungen liegen vor
Bislang hat nur ein einziger Anbauverein im Bezirk Marzahn-Hellersdorf in Berlin eine Genehmigung erhalten. Aktuell liegen 23 Anträge auf Genehmigung von Anbauvereinigungen aus zehn Bezirken vor, die demnächst ans Lageso weitergeleitet werden sollen. In den Bezirken Spandau und Mitte gab es noch kein Interesse daran.
Theoretisch sei denkbar, dass es in einem Bezirk zu einer Ballung von Anbauvereinen kommen könne und sich in anderen kaum welche finden, sagte die Staatssekretärin. Viele Anbauflächen seien in Brandenburg vorgesehen. Einen Hotspot gebe es rund um Zossen, sagte Haußdörfer.
Bußgeldkatalog gilt ab Anfang November
Neben der Umsetzungsverordnung hat der Senat außerdem einen umfangreichen Bußgeldkatalog beschlossen, der zum 1. November in Kraft treten soll. Danach ist zum Beispiel ein Bußgeld von 200 Euro vorgesehen, wenn jemand in mehreren Anbauvereinigungen Mitglied wird. “Der Besitz von Cannabis an öffentlichen Orten – und zwar mehr als 25 Gramm, die vorgesehen werden – sind in der Spanne zwischen 250 und 1.000 Euro zu veranschlagen", sagte Haußdörfer. “Oder eine Person konsumiert Cannabis in der Nähe einer sozialen Infrastruktureinrichtung, wie beispielsweise einer Schule. Da führt dieser Verstoß zu einem Bußgeldrahmen von 300 bis 1.000 Euro.”
Die Einfuhr von Cannabissamen ohne Genehmigung könne mit einem Bußgeld zwischen 100 und 30.000 Euro geahndet werden. Das gilt ebenfalls für denjenigen, der für Anbauvereinigungen wirbt oder Sponsering betreibt.
Auch Anbauvereinen drohen hohe Bußgelder
Und auch die Anbauvereinigungen müssen bei Regelverstößen mit zum Teil hohen Bußgeldern rechnen – etwa, wenn sie die Kontrolle der Mitgliedschaft nicht sicherstellen oder wenn sie Nichtmitglieder mit Aufgaben beauftragen, die mit der Weitergabe von Cannabis verbunden sind. Der Bußgeldkatalog orientiere sich an dem von Brandenburg, sagte Haußdörfer. “Die Umsetzung dieses Bußgeldkataloges obliegt den Bezirken."
Die Anbauvereine sollen künftig regelmäßig kontrolliert werden. “Das heißt nicht einmal im Monat, das könnte einmal im Jahr heißen”, erläuterte die Staatssekretärin. Zur Regelung von Details kündigte Haußdörfer eine weitere Verordnung an, die voraussichtlich noch im November kommt.
"Letztlich ändert sich mit der Verordnung für die Clubs in Berlin nur, dass es nun eine zentrale Behörde gibt, die sich anders als die meisten Bezirke in den vergangenen Monaten nicht weigern könne, die Anträge ernsthaft zu bearbeiten”, sagte die Vorstandsvorsitzende der Cannabis Anbauvereinigungen Deutschlands (CAD), Jana Halbreiter. “Und dass es endlich AnsprechpartnerInnen für die vielen Fragen der Clubs geben soll.”
Anbauvereinigungen fordern pragmatische Bearbeitung der Anträge
Weiterhin sei unklar, welchen Anforderungskatalog das Lageso für die Anträge habe und wie schnell die bereits vorliegenden Anträge bearbeitet würden. Eine pragmatische Bearbeitung der Anträge sei wünschenswert, sagte Halbreiter. “Allerdings lässt der gleichzeitig verabschiedete Bußgeldkatalog und die Spannweite der Bußgelder erahnen, dass sich Berlin auch hier eher an restriktiven Bundesländern orientiert hat."
Der drogenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Landesparlament, Vasili Franco, kritisierte, es habe tatsächlich acht Monate gebraucht, um nur die Zuständigkeiten zu klären. “Das heißt, eigentlich ist jetzt die Rechtsverordnung da, aber wir starten beim Nullpunkt”, sagte er bei der RBB-Welle radioeins.
“Die Anbauvereinigungen wissen immer noch nicht: Was sind denn die genauen Kriterien, damit ich meinen Anbau-Club auch genehmigt bekomme?”, bemängelte Franco. “Vielleicht gibt es noch ein weiteres Verzögerungsspiel, wenn es heißt, wir müssen jetzt erst die Stellen besetzen und schauen, wie wir dieses Gesetz umsetzen.” Das seien alles Fragen, die man in den letzten Monaten hätte klären müssen.
dpa/hs/LTO-Redaktion
Cannabis-Verordnung gilt ab Anfang November: . In: Legal Tribune Online, 29.10.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55737 (abgerufen am: 08.11.2024 )
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