Das Cannabisgesetz biegt auf die Zielgerade ein - oder auch nicht. Denn der Bundesrat könnte am 22. März den Vermittlungsausschuss anrufen. Damit würde sich das Vorhaben weiter verzögern. Zudem prüfen Unionsminister gerichtliche Schritte.
Unter den Ländern formiert sich der Widerstand gegen die teilweise Legalisierung von Cannabis zum 1. April. Drei damit befasste Ausschüsse des Bundesrats empfehlen, das vom Bundestag im Februar beschlossene Gesetz in den Vermittlungsausschuss zu schicken. Wie LTO bereits berichtet hatte, schlägt der federführende Gesundheitsausschuss unter anderem vor, das Inkrafttreten des gesamten Gesetzes auf den 1. Oktober zu verlegen. Auch der Innen- und der Rechtsausschuss führen in ihren Empfehlungen Einwände an. Dagegen empfiehlt der Verkehrsausschuss, das Gesetz passieren zu lassen. Inwiefern das Plenum der Länderkammer den Empfehlungen der Ausschüsse folgt, muss sich in der Abstimmung am 22. März zeigen.
Nach dem Gesetz der Ampel-Koalition sollen Besitz und Anbau der Droge mit zahlreichen Vorgaben für Volljährige zum Eigenkonsum legal werden. Erlaubt werden sollen zum 1. Juli auch nicht-kommerzielle "Anbauvereinigungen" zum gemeinschaftlichen Anbau. Das Gesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungsbedürftig. Die Länderkammer könnte aber den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das Verfahren so abbremsen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte sich bereits gegen Verzögerungen gewandt und für ein Inkrafttreten am 1. April geworben.
Inkrafttreten erst zum 1.Oktober gefordert
Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats fordert weiter, die im Gesetz festgelegten Mengenbegrenzungen für den legalen Besitz von Cannabis zu reduzieren - aufgrund der Folgen besonders für junge Menschen bis 25 Jahre. Damit Suchthilfeangebote und Behörden ausreichend Zeit für Lösungen zum Umgang mit immens gesteigerten Anforderungen haben, sei ein Inkrafttreten des gesamten Gesetzes erst zum 1. Oktober 2024 vorzusehen.
Dabei argumentiert der Ausschuss auch, dass eine Legalisierung und die damit verbundene Straffreiheit ab 1. April dazu führten, dass zunächst nur illegal erworbenes Cannabis mit sich geführt werden könne. "Denn zum 1. April 2024 wird es noch keine Ernte oder getrocknetes Material von im Eigenanbau erzeugten Cannabis geben können." Der Lebenszyklus legal angebauter Pflanzen sei zu dann nicht beendet, er könne erst dann legal beginnen. "Ein konsequenter Vollzug ist daher nur möglich, wenn das Inkrafttreten des Cannabisgesetzes so geregelt ist, dass nur legal angebautes Cannabis im öffentlichen Raum mitgeführt werden kann." Auch für eine effektive Prävention werde ausreichend Zeit zur Vorbereitung benötigt.
Warnung vor "Cannabis-Plantagen"
Der Innenausschuss mahnt unter anderem an, dass nicht mehrere Anbauvereinigungen am selben Ort oder im selben Mietobjekt tätig werden dürften. "Es muss verhindert werden, dass sonst auf diese Weise "Plantagen" entstehen, die dem angestrebten Ziel kleinräumigen Anbaus entgegenstehen würden." Der Konsum solle zudem "nur in privaten Räumen und befriedeten Besitztümern, nicht jedoch im öffentlichen Raum" ermöglicht werden. Für nicht-private Innenräume sei nur dann eine Möglichkeit des Konsums einzuräumen, wenn ein Mindestabstand von 500 Metern etwa zu Kitas, Schulen und Spielplätzen sichergestellt sei.
Der Rechtsausschuss wendet sich gegen die im Gesetz vorgesehene Amnestie für Fälle, die künftig legal sind. Die vorgesehene Tilgung von Eintragungen im Bundeszentralregister sei "weder geboten noch begründbar". Konkret sollen Betroffene bei der Staatsanwaltschaft beantragen können, dass Einträge in dem Register getilgt werden. Relevant ist das etwa für Führungszeugnisse. Infrage kommen vor allem Verurteilungen für Besitz, Erwerb und Anbau von bis zu 30 Gramm Cannabis, wie das Bundesgesundheitsministerium erläuterte.
Unterdessen wollen die Landesinnenminister von CDU und CSU eine Klage gegen das Gesetz prüfen, wie ihr derzeitiger Sprecher, Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann (CSU), am Dienstag nach einem Treffen in Berlin sagte. Eine Anrufung des Vermittlungsausschusses sei das Mindeste, was man zur Entschärfung der größten Defizite leisten könne. "Wir prüfen auch eine Klage dagegen." Die Fachleute im bayerischen Gesundheitsministerium sehen indes keine Möglichkeit, die Legalisierung auf dem Klageweg zu stoppen. Man gehe davon aus, dass das Gesetz im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig sei, sagte Ministerin Judith Gerlach (CSU). Deshalb sei es in der Hinsicht auch nicht vor dem Bundesverfassungsgericht angreifbar.
Union: Besitz- und Abgabemengen "überdimensioniert"
Herrmann begründete die Prüfung juristischer Schritte damit, dass der Gesetzentwurf an vielen Stellen unscharf sei. Er enthalte eine unüberschaubare Anzahl an Tatbeständen und die Vielzahl von Detailregelungen verursachten erhebliche Rechtsunsicherheiten. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte: "Wir werden im Bundesrat ein Stopp-Schild aufstellen." Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) ergänzte, dass sogar der UN-Drogenkontrollrat vor einem Verstoß gegen internationale Übereinkommen warne. Insbesondere die vorgesehenen Besitz- und Abgabemengen seien laut den Unions-Innenministern "viel zu überdimensioniert".
Zudem befürchten die Innenminister nach Inkrafttreten des CanG einen massiven Anstieg der Kriminalität. Es sei mit einer Ausweitung des Schwarzmarktes zu rechnen, da aufgrund der "Legalisierung von Cannabis die Anzahl der Konsumenten steigen werde", argumentierte Schuster. Zudem werde der Aspekt der Verkehrssicherheit kaum berücksichtigt. Es sei mit einem erheblichen Anstieg der Fahrten unter Drogeneinfluss und damit auch der Verunglückten im Straßenverkehr zu rechnen.
Im Februar 2024 hatte der Bundestag das Gesetz der Ampel zur teilweisen Cannabis-Legalisierung beschlossen. Danach soll unter anderem mit zahlreichen Vorgaben der Besitz und Anbau für Volljährige zum Eigenkonsum legal werden.
dpa/cho/hs/LTO-Redaktion
Cannabis-Legalisierung: . In: Legal Tribune Online, 12.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54086 (abgerufen am: 30.11.2024 )
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