Ein Blitz trifft ein Flugzeug, die nachfolgenden Sicherheitschecks führen zu einer saftigen Verspätung – und schon geht es um 400 Euro Entschädigung. Der EuGH klärte jetzt, wann solches Wetterpech den Airlines die Zahlungspflicht erspart.
Ein Blitzeinschlag kann einen "außergewöhnlichen Umstand" im Sinne der Fluggastrechte-Verordnung (VO (EG) Nr. 261/2004) darstellen. Airlines müssen dann keine Entschädigung nach der Fluggastrechte-VO leisten, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden (Urt. v. 16.10.2025, Az. C‑399/24)
Kurz vor der Landung hatte es einen Austrian-Airlines-Flug getroffen – und zwar buchstäblich: Ein Blitz schlug ein. Das klingt dramatischer, als es ist, denn für die Passagiere besteht dabei in aller Regel kein Risiko, weil Flugzeuge von ihrer Bauart so konstruiert sind, dass sie Blitzschlägen standhalten. Dennoch kann es in Einzelfällen zu äußerlichen Beschädigungen kommen – und die müssen überprüft werden, sobald das Flugzeug gelandet ist.
In dem Fall führte die beklagte Austrian Airlines diese obligatorischen Sicherheitschecks durch. Blöd: Das verzögerte den Weiterflug eines Passagiers so stark, dass er sein Zwischenziel erst ganze sieben Stunden später erreichte und obendrein noch seinen Anschluss verpasste. Aufgrund dieser Verspätung trat der Mann seine Ansprüche an einen Legal-Tech-Anbieter ab, der daraufhin eine Entschädigung nach der Fluggastrechte-VO verlangte und letztlich gegen Austrian Airlines klagte.
Von Rumänien über Wien nach London: eine kleine Odyssee
Der Mann verfügte über eine Buchung für einen Flug von Rumänien über Wien nach London-Heathrow. Ursprünglich sollte der vom Blitz getroffene Flieger die Strecke nach Wien bedienen, doch durch den Blitzeinschlag und die daraus notwendigen Sicherheitskontrollen ging es verspätet mit einer bereitgestellten Ersatzmaschine weiter. Erst sieben Stunden nach der geplanten Ankunft kam der Mann in Wien an und verpasste dadurch seinen Anschlussflug. Sein Endziel, London-Heathrow, erreichte er sogar erst am nächsten Morgen.
Der Passagier trat daraufhin seine Ansprüche gegen die Airline an AirHelp Germany ab, eines von vielen Legal-Tech-Unternehmen, das Passagierrechte durchsetzt und Entschädigungen bei Flugverspätungen und Annullierungen geltend macht. Das Unternehmen verlangte im Anschluss daran vor dem Bezirksgericht Schwechat (Österreich) eine Zahlung in Höhe von 400 Euro gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Fluggastrechte-VO.
EuGH: Ein Blitzeinschlag ist ein "außergewöhnlicher Umstand"
Entschädigungen nach der Fluggastrechte-VO sind pauschalisierte Summen, die Airlines etwa bei Flugannullierungen oder wie hier Verspätungen zahlen müssen, die sie verschulden. Nicht zahlen müssen die Fluggesellschaften allerdings, wenn "außergewöhnlichen Umstände" im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechte-VO vorliegen. Das sind Ereignisse, die außerhalb der Kontrolle der Airline liegen und nicht zum normalen Betrieb gehören. Dazu zählen zum Beispiel extremes Wetter, Streiks oder – wie in diesem Fall – ein Blitzeinschlag, stellte der EuGH nun klar.
Das Gericht machte deutlich: Ein Blitzeinschlag, der eine verpflichtende Sicherheitskontrolle nach sich zieht, gehöre nicht zum normalen Betriebsablauf einer Airline und liege damit außerhalb ihrer Kontrolle. Sähe man das anders, würde man Airlines womöglich einen Anreiz setzen, ein Flugzeug trotz notwendiger Sicherheitschecks starten zu lassen, nur um pünktlich zu sein und sich dadurch möglicher Ersatzansprüche zu entziehen. Sicherheit gehe damit vor Pünktlichkeit, entschied der EuGH.
Jetzt muss das Bezirksgericht Schwechat noch prüfen, ob die Airline alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um den Eintritt des außergewöhnlichen Umstands und seine Folgen zu vermeiden. Falls ja, dürfte AirHelp Germany mit seiner Klage in Österreich abblitzen.
xp/LTO-Redaktion
EuGH zu außergewöhnlichen Umständen im Flugverkehr: . In: Legal Tribune Online, 16.10.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58398 (abgerufen am: 14.11.2025 )
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