Wie viel müssen Richter verdienen? In Fällen von Polen und Litauen hat sich damit der EuGH befasst und seine Grundsätze präzisiert.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat auf Anfragen aus Polen und Litauen konkrete Anforderungen zur Richterbesoldung präzisiert – dass Richter genauso viel wie Anwälte verdienen müssten, gehört nicht dazu (Urt. v. 25.02.2025, Rs. C-146/23 und C-374/23).
Ausgangspunkt ist die richterliche Unabhängigkeit, die durch die Bezüge von Richtern garantiert werde. Die Festlegung dieser Bezüge "muss eine Rechtsgrundlage haben und den Kriterien der Objektivität, Vorhersehbarkeit, Beständigkeit und Transparenz entsprechen", so der EuGH. Zu berücksichtigen sei der sozioökonomische Kontext des betreffenden Mitgliedstaats, insbesondere das dortige Durchschnittsgehalt.
EuGH stellt vermeintliche Selbstverständlichkeiten klar
In Polen ist gesetzlich geregelt, dass das Grundgehalt von Richtern objektiv anhand des seitens des Statistischen Hauptamts bekannt gegebenen Durchschnittsgehalts ermittelt wird. Zeitweise wurden aber Regelungen erlassen, mit denen das Einfrieren der Bezüge für die Jahre 2021, 2022 und 2023 einherging. Der Gesetzgeber begründete dies mit Haushaltszwängen aufgrund der COVID-19-Pandemie und der Invasion der Ukraine durch Russland. Dagegen wendete sich ein polnischer Richter, er verlangt die Höhe der Differenz zwischen den ihm gezahlten Bezügen und denen, die er erhalten hätte, wenn ihre Anpassung nicht eingefroren worden wäre.
Zudem machten zwei Richter aus Litauen geltend, die Höhe ihrer Bezüge sei unmittelbar abhängig vom politischen Willen der Exekutive und der Legislative. Es gebe zudem keinen rechtlichen Mechanismus zur Anpassung der Bezüge von Richtern unter Berücksichtigung der berufsbedingt getragenen Verantwortung. Auch die mangelnde Vergleichbarkeit mit Vertretern anderer juristischer Berufe wurde bemängelt.
Der EuGH stellte nun klar, was selbstverständlich sein sollte: die Richterbesoldung muss eine Rechtsgrundlage haben sowie "objektiv, vorhersehbar, beständig und transparent sein, um jeden willkürlichen Eingriff der Legislative und der Exekutive auszuschließen". Für abweichende Maßnahmen, etwa das zeitweilige Einfrieren der Bezüge, gelte nichts anderes. Vielmehr müssten Abweichungen durch eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung – wie dem Abbau eines übermäßigen Haushaltsdefizits – gerechtfertigt sein und dürften nicht explizit auf Richter abzielen. Auch in derartigen Situationen müsste stets eine angemessene Höhe der Bezüge gewährleistet sein.
Richterbesoldung auch in Deutschland ein Reizthema
Die Bezüge müssten so hoch sein, dass sie "der Bedeutung der von den Richtern ausgeübten Funktionen entsprechen, um diese vor Druck zu schützen, der ihre Entscheidungen beeinflussen könnte, und um sie vor der Gefahr von Korruption zu schützen", so der EuGH weiter. Ausdrücklich kein Problem sieht der EuGH allerdings darin, dass Vertreter anderer juristischer Berufe mehr verdienen als Richter.
Auch in Deutschland ist die Höhe der Richterbesoldung immer wieder ein verfassungsrechtlich relevantes Thema – im Sommer 2023 mahnte die EU-Kommission, dass Deutschland seine Richter weiterhin zu schlecht bezahle. Bereits 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass das Land Berlin seinen Richtern und Staatsanwälten jahrelang in verfassungswidriger Weise zu wenig gezahlt hatte. Das BVerfG wird sich wohl erneut mit diesen Fragen befassen müssen, da unter anderem aus Hamburg eine entsprechende Richtervorlage anhängig ist.
jb/LTO-Redaktion
EuGH: . In: Legal Tribune Online, 26.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56683 (abgerufen am: 19.04.2025 )
Infos zum Zitiervorschlag