BVerwG zur BAföG-Rückforderung: Schlu­d­riges Amt trägt Mit­schuld

28.03.2025

Wenn beim BAföG-Antrag etwas schiefgeht, stellt sich die Frage: Wer hat's verbockt? Das BVerwG macht klar, dass auch das BAföG-Amt bei Fehlern verantwortlich sein kann. In diesem Fall mindert Mitverschulden den Rückforderungsanspruch.

Wer Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beantragt, weiß: Es ist ein bürokratisches Abenteuer. Formulare ausfüllen, Belege sammeln und darauf achten, dass jeder Punkt korrekt angegeben wird – das ist schon für sich genommen eine Herausforderung. 

Doch was passiert, wenn dabei ein Fehler unterläuft? Wer haftet, wenn der Staat am Ende mehr Geld zahlt, als einer Person zusteht? Ein aktuelles Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zeigt: Auch das BAföG-Amt kann für eigene Nachlässigkeit zur Verantwortung gezogen werden. Sein Mitverschulden kann den Schadensersatzanspruch im Rahmen einer BAföG-Rückforderung mindern (Urt. v. 27.03.2025, Az. BVerwG 5 C 8.23).

Ein fehlender Eintrag mit Folgen

Im konkreten Fall hatte die Tochter der klagenden Mutter Leistungen nach dem BAföG beantragt. Ihrem Antrag war – wie vorgeschrieben – ein Einkommensteuerbescheid beigefügt, der unter anderem die Einkünfte der Mutter aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (Leibrente) auswies. Doch als die Mutter das ergänzende Formblatt 3 ausfüllte, in dem sie ihr Einkommen nochmals angeben musste, ließ sie genau diese Renteneinkünfte weg.

Hier begann das Problem in der Verwaltung: Das BAföG-Amt prüfte den Antrag, zog für die Berechnung der BAföG-Höhe aber ausschließlich die Angaben aus Formblatt 3 heran. Die Einkünfte der Mutter aus der Leibrente fehlten bei der BAföG-Satz-Berechnung also. Das führte dazu, dass die Tochter eine Förderung erhielt, auf die sie bei korrekter Berechnung möglicherweise gar keinen Anspruch gehabt hätte.

Ein Jahr später fiel der Fehler auf. Das Amt stellte fest, dass die Renteneinkünfte der Mutter den Förderanspruch der Tochter reduziert oder ganz ausgeschlossen hätten. Es verlangte von der Mutter nach § 47a BAföG 5.460 Euro – die bisher ausgezahlte Förderungszahlung – als Schadensersatz zurück. Die Mutter hielt dagegen und ging juristisch gegen die Rückforderung vor. Doch in den ersten Instanzen blieb ihre Klage erfolglos.

Das Amt trägt eine Mitschuld

Das BVerwG stellte nun klar: Die Mutter hat zwar ihre Pflicht verletzt, die Formulare korrekt auszufüllen, indem sie die Renteneinkünfte nicht im Formblatt 3 angab (sogenannter Formblattzwang). Doch das hat das BAföG-Amt nicht von seiner eigenen Pflicht zur sorgfältigen Prüfung entbunden, so das Leipziger Gericht.

Der in diesem Fall entscheidende Punkt war: Die relevanten Einkünfte wie die Leibrente sind auch auf dem Einkommensteuerbescheid zu finden, der dem Amt vorlag. Das sich die Behörde ausschließlich nach den Angaben auf Formblatt 3 richtete und den Steuerbescheid zur Leibrente unberücksichtigt ließ, löse ein Mitverschulden aus, so das BVerwG. Der Steuerbescheid habe nämlich nicht nur Beweisfunktion, sondern könne auch Erklärungswert haben – er liefert laut BVerwG also genau die Informationen, die für die Förderentscheidung und ggf. die Berechnung des BAföG-Satzes entscheidend sind. 

Laut BVerwG hätte das Amt daher die im Steuerbescheid aufgeführten Renteneinkünfte erkennen und in die Berechnung einfließen lassen müssen. Dass es das nicht tat, war ein Fehler, der zur fehlerhaften Auszahlung beigetragen habe.

Weil das BAföG-Amt hier seine eigene Prüfpflicht verletzte, wandte das BVerwG § 254 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an: die Mitverschuldensregel. Diese besagt, dass ein Schadensersatzanspruch gemindert werden kann, wenn der Anspruchsteller selbst zum Schaden beigetragen hat. Laut BVerwG war das hier der Fall: Da beide Seiten in gleichem Maße für den Fehler verantwortlich gewesen seien, entschied das Gericht, den Schadensersatzanspruch des Amtes um die Hälfte zu kürzen. Statt der 5.460 Euro muss die klagende Mutter "nur" 2.730 Euro zurückzahlen.

xp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerwG zur BAföG-Rückforderung: . In: Legal Tribune Online, 28.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56889 (abgerufen am: 22.05.2025 )

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