Ein Polizeikommissar in Ausbildung hat es trotz eines Schlaganfalls geschafft, alle Prüfungen erfolgreich abzulegen. Das Land wollte ihn trotzdem nicht als Beamten einstellen. Das BVerwG hat nun entschieden, dass es das doch tun muss.
Die gesundheitliche Eignung für den Polizeidienst ist anzunehmen, wenn die Bewerber den besonderen Anforderungen dieses Dienstes genügen. Dieser Maßstab gilt nicht nur für den aktuellen Gesundheitszustand, sondern auch für künftige Entwicklungen, die angesichts einer bekannten Vorerkrankung zu erwarten sind. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden (Urt. v. 13.02.2025, Az. 2 C 4.24).
Im Ergebnis heißt das: Bei einem Bewerber, der gegenwärtig voll polizeidienstfähig ist, kann die gesundheitliche Eignung nur dann verneint werden, wenn es Anzeichen dafür gibt, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt der Polizeidienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist.
35-Prozent-Chance auf zweiten Schlaganfall
Die Entscheidung des BVerwG beruht auf einem Ereignis, welches sich 2019 zugetragen hatte. Ein Mann erlitt 2019 während seiner Ausbildung zum Polizeikommissar im Beamtenverhältnis auf Widerruf einen Schlaganfall. Weil er aber keine fortdauernden gesundheitlichen Beeinträchtigungen davontrug, konnte er sein Studium an der Hochschule der Polizei einschließlich der geforderten Sportleistungen trotzdem erfolgreich abschließen bzw. ablegen.
In das Beamtenverhältnis auf Probe wollte das beklagte Bundesland den Polizisten trotz bestandener Prüfungen aber nicht nehmen. Es begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass der Mann wegen der erhöhten Gefahr eines weiteren Schlaganfalls nicht uneingeschränkt polizeidienstfähig sei.
Der Mann wendete sich mit einer Verpflichtungsklage nach Art. 42 Abs. 1 Alt. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegen seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf und begehrte Wiedereinstellung, da er weiterhin als Polizist arbeiten wollte. Das Verwaltungsgericht (VG) Trier hatte das Land daraufhin verpflichtet, den Mann unter Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe in den Polizeidienst einzustellen. Nach den medizinischen Feststellungen des Sachverständigen betrage das Risiko eines erneuten Schlaganfalls bis zum Erreichen der Altersgrenze rund 35 Prozent.
Auf die Berufung des Landes hin hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz die Klage abgewiesen. Bei Polizeibeamten seien wegen der besonderen Einsatzlagen besondere Anforderungen zu stellen. Bewerber für den Polizeidienst seien auch dann wegen fehlender Polizeidienstfähigkeit abzulehnen, wenn bei ihnen das gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erhöhte Risiko für den Eintritt einer Erkrankung bestehe, deren Auftreten in besonderen Einsatzlagen eine Gesundheitsgefahr für den Beamten selbst oder für Dritte darstellen könne. Dies sei bei dem Mann wegen der im Vergleich zur Normalbevölkerung 380-fach erhöhten Wahrscheinlichkeit eines erneuten Schlaganfalls bis zum Erreichen des 60. Lebensjahres der Fall. Hiergegen ging der Mann vor, sodass der Fall beim BVerwG landete.
Chance von 50 Prozent oder mehr nötig für Untauglichkeit
Dort erzielte der Mann nun einen Erfolg. Das BVerwG hat auf seine Revision hin das Urteil des OVG aufgehoben und die Berufung des Landes gegen das Urteil des VG Trier zurückgewiesen.
Für die Beurteilung der Frage, ob aktuell gesundheitlich geeignete Bewerber voraussichtlich wegen einer Vorerkrankung vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze polizeidienstunfähig werden, sei kein anderer Prognosemaßstab anzuwenden als bei Bewerbern für den allgemeinen Verwaltungsdienst, so das BVerwG. In beiden Fallgruppen gelte der Maßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, das heißt eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent. Diese Voraussetzung sei ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erfüllt.
Auch die Annahme des Dienstherrn, dass der Mann schon jetzt wegen eines möglichen "Rückfalls" nur eingeschränkt polizeidienstfähig sei, überdehne die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern. Ein strengerer Maßstab für den Polizeidienst, wie ihn der Dienstherr hier anlege, könne ohne gesetzgeberische Vorgabe nicht angenommen werden.
eh/LTO-Redaktion
BVerwG zur gesundheitlichen Eignung: . In: Legal Tribune Online, 14.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56595 (abgerufen am: 17.03.2025 )
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