Beim Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt eines Kindes ausländischer Eltern ist die Zeit des erfolgreichen Asylfolgeverfahrens eines Elternteils voll anzurechnen. Dies entschieden die Leipziger Richter am Mittwoch.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat ausgeführt, die gesamte Aufenthaltszeit des erfolgreich abgeschlossenen Asylfolgeverfahrens ab Antragstellung sei nachträglich als rechtmäßige Aufenthaltszeit anzurechnen. Die Gründe, die für eine pauschale Anrechnung der Aufenthaltszeit nach erfolgreichem Ausgang des ersten Asylverfahrens sprechen, gelten bei einem erfolgreichen Asylfolgeverfahren in gleicher Weise (Urt. v. 19.10.2011, Az. 5 C 28.10).
Geklagt hat die Tochter türkischer Staatsangehöriger. Sie begehrt die Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises. Ihren Antrag auf Feststellung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) lehnte die beklagte Stadt Mannheim Ende April 2009 ab.
Kein Elternteil der Klägerin habe, wie es das Gesetz verlangt, zum Zeitpunkt ihrer Geburt seit acht Jahren seinen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland gehabt. Die Zeit des nur geduldeten Aufenthalts des Vaters der Klägerin im Asylfolgeverfahren sei trotz dessen erfolgreichen Ausgangs nicht anrechenbar.
Klägerin bekommt bis in die letzte Instanz recht
Der Widerspruch der Tochter blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe gab ihr recht und verpflichtete die Stadt Mannheim, ihr einen Staatsangehörigkeitsausweis auszustellen. Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte diese Entscheidung mit der Erwägung, dass der nur geduldete Aufenthalt eines Folgeantragstellers jedenfalls nach einem erfolgreichen Eilverfahren angerechnet werden müsse.
Auch die hiergegen gerichtete Revision der Stadt Mannheim hatte in Leipzig im Ergebnis keinen Erfolg. Die Dauer des Asylverfahrens soll in diesem Fall keine Rolle spielen. Werde der maßgebliche Elternteil im Asylfolgeverfahren unanfechtbar als Asylberechtigter oder Flüchtling anerkannt, erwerbe er die gleiche Rechtsposition wie ein erfolgreicher Erstantragsteller.
Auf andere denkbare Zeitpunkte abzustellen, zu denen ein Rechtsanspruch des Folgeantragstellers auf Anerkennung erkennbar wird, entspreche nicht dem bewusst pauschalierenden Regelungskonzept des Gesetzgebers, so das BVerwG. Ebenso wenig werde es dem zwingenden Bedürfnis gerecht, ohne weitere Nachforschungen und Entscheidungen klar feststellen zu können, ob die Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes vorliegen oder nicht.
tko/LTO-Redaktion
Mehr auf LTO.de:
Sozialleistungen für Asylbewerber: Unrühmliche Hängepartie zu Lasten der Ärmsten
Asylrecht: Schützt die Verfassung vor Abschiebungen nach Griechenland?
BVerwG: Kein Asyl für Kriegsverbrecher
BVerwG zum Staatsangehörigkeitsrecht: . In: Legal Tribune Online, 19.10.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4600 (abgerufen am: 07.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag