BVerwG: Wenn Abschiebungsstopp, dann richtig

08.09.2011

Das BVerwG hat sich heute in vier Revisionsverfahren mit der Frage befasst, ob abgelehnten Asylbewerbern die Rückkehr nach Afghanistan angesichts der dortigen Lebensverhältnisse zugemutet werden kann. Die erhoffte endgültige Entscheidung blieb jedoch aus, da sich während des laufenden Verfahrens die einschlägigen Rechtsgrundlagen geändert hätten.

In der Sache ging es um vier Männer aus Afghanistan, die sich gegen ihre drohende Abschiebung wandten. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hatte zuvor im Berufungsverfahren entschieden, dass den Männern Abschiebungsschutz zu gewähren sei, da sie in Afghanistan - ohne die Unterstützung einer Familie und schlecht ausgebildet - nur von Tee und Brot leben müssten und ihnen deshalb der "unausweichliche Prozess körperlichen Verfalls mit lebensbedrohlichen Folgen" drohe.

Bei dem Urteilsspruch des VGH waren allerdings nur nationale Regelungen zum Abschiebungsschutz berücksichtigt worden, konkret: § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Weitere Abschiebungsverbote nach Unionsrecht wurden hingegen nicht geprüft.

Dies moniert das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in seinem aktuellen Urteil: Vor Prüfung des nationalen Abschiebungsschutzes hätte der VGH das weitergehende Unionsrecht berücksichtigen müssen. Denn noch während des laufenden gerichtlichen Verfahrens waren im August 2007 in Deutschland die Abschiebungsverbote der Europäischen Qualifikationsrichtlinie umgesetzt worden.

In derartigen Übergangsfällen sei ein unionsrechtlich begründetes Abschiebungsverbot nur dann nicht mehr Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens, wenn in der Sache bereits entschieden und kein Rechtsmittel eingelegt worden sei. Eine solche Sachentscheidung lag in dem aktuell verhandelten Verfahren allerdings noch nicht vor. Der VGH müsse daher erneut, diesmal unter der Berücksichtigung des Unionsrechts, in der Sache entscheiden (Urt. v. 08.09.2011, Az. BVerwG 10 C 14.10, 15.10, 16.10 und 20.10).

mbr/LTO-Redaktion

 

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BVerwG: . In: Legal Tribune Online, 08.09.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4247 (abgerufen am: 03.10.2024 )

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