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BVerwG bestätigt Reiseverbot für humanitäre Helferin: Wer ent­führt werden könnte, darf nicht aus­reisen

29.05.2019

Ausreise verweigert (Symbol)

(c) chase4concept - stock.adobe.com

Wenn für eine Person in einem anderen Land die Gefahr besteht, entführt zu werden, darf die Ausreise dorthin verboten werden. Eine eventuelle Lösegeldforderung könnte die Belange der BRD gefährden, entschied das BVerwG. 

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Eine Vereinsvorsitzende, die humanitäre Hilfe in Afghanistan leisten will, darf bis auf Weiteres nicht mehr dorthin ausreisen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschied am Mittwoch, dass der Geltungsbereich ihres Passes für die Ausreise nach Afghanistan beschränkt werden kann. Ihr drohe dort ein konkretes Risiko der Entführung und es sei mit einer anschließenden Erpressung der Bundesrepublik durch die Entführer zu rechnen (Urt. v. 29.05.2019, Az. 6 C 8.18).  

Der Verein der Frau widmet sich der humanitären Hilfe in Afghanistan. Im Herbst 2016 plante sie im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Verein eine Reise in die afghanische Region Kunduz. Die Passbehörde beschränkte den Reisepass der Frau aber, sodass er nicht mehr zur Ausreise nach Afghanistan berechtigte. Grund dafür waren Informationen des Bundeskriminalamts und des Bundesnachrichtendienstes, dass die Frau dort entführt werden sollte. Wegen der dann drohenden erpresserischen Lösegeldforderung seien sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 Passgesetz (PassG) gefährdet. Das Oberverwaltungsgericht hielt die Reisepassbeschränkung für rechtmäßig. 

Das BVerwG schloss sich der Auffassung der Vorinstanz an. Die Vorschriften im PassG schränken die durch Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gewährleistete Ausreisefreiheit in verfassungsgemäßer Weise ein, so die Leipziger Richter. Ein sonstiger erheblicher Belang im Sinne des PassG sei die Sicherung der Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der für die Gestaltung der Außenpolitik verantwortlichen Organe der Bundesrepublik. Dieser Belang sei im Fall der Klägerin aber zur Zeit gefährdet. 

PassG verlagert Rechtsgüterschutz vor

Nach der durch das Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme lagen laut BVerwG tragfähige Hinweise vor, dass afghanische Aufständische die Frau entführen wollten. Es hätte zudem keinen wirksamen Schutz vor der Entführung gegeben und eine Erpressung der BRD sei zu erwarten gewesen.  

Der Beschränkungsbescheid sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil nicht die Frau mit ihrer Ausreise, sondern Dritte durch die Entführung die Gefahr verursacht hätten. Das PassG enthalte spezialgesetzliche Regelung zur Verantwortlichkeit, die den Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts über die Störerhaftung vorgehe. Aus Gründen der effektiven Gefahrenabwehr sei der Rechtsgüterschutz vorverlagert, so das Gericht in einer Mitteilung. Zu dem Zeitpunkt, an dem sich die Gefahr realisiert, seien die deutschen Stellen nämlich wegen des völkerrechtlichen Territorialitätsprinzips und faktisch an einem Einschreiten mit vergleichbarer Wirksamkeit gehindert. 

acr/LTO-Redaktion

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BVerwG bestätigt Reiseverbot für humanitäre Helferin: Wer entführt werden könnte, darf nicht ausreisen . In: Legal Tribune Online, 29.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35683/ (abgerufen am: 19.01.2021 )

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