BVerwG zur Darstellung von Parteien: Tier­schutz­partei läuft nur unter "Andere"

14.02.2025

Darf ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender die Wahlergebnisse kleinerer Parteien unter "Andere" zusammenfassen? Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu entschieden und dabei Chancengleichheit und Rundfunkfreiheit gegeneinander abgewogen.

Der Landesverband der Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei) hatte keinen Anspruch darauf, dass ihr bei der brandenburgischen Landtagswahl 2019 erzieltes Wahlergebnis in Höhe von 2,6 Prozent in der Nachwahlberichtserstattung des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) extra genannt wird. Eine Zusammenfassung mit den Ergebnissen anderer Parteien unter "Andere" war in Ordnung, entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig (Urt. v. 12.02.2025, Az. 6 C 5.23). Auch das Bundesverfassungsgericht hatte in einem sehr ähnlichen Fall im vergangenen Jahr so entschieden.

Nach der Wahl zum Brandenburgischen Landtag am 1. September 2019 hatte der RBB im Fernsehen in mehreren Sendungen die Wahlergebnisse in Prognosen und Hochrechnungen präsentiert. Die (geschätzten) Stimmenanteile der Tierschutzpartei wurden dabei mit den Ergebnissen anderer Kleinparteien unter "Andere" zusammengefasst. Erst ab einem Stimmenanteil von mehr als vier Prozent wies der Sender die Ergebnisse der Parteien im Fernsehen gesondert aus.

OVG sah Chancengleichheit verletzt

Dagegen wehrte sich die Tierschutzpartei mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin. Sie wollte festgestellt wissen, dass diese Art der Präsentation rechtswidrig gewesen ist, blieb damit aber erfolglos.

Anders sah das jedoch das daraufhin angerufene Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg. Das OVG stellte im Gegensatz zum VG fest, dass der RBB in der Nachwahlberichterstattung das (geschätzte) Wahlergebnis der Tierschutzpartei nennen musste und nicht unter "Andere" zusammenfassen durfte. Dies folge aus dem Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien unter anderem deshalb, "weil das Wahlergebnis des Klägers einen 'Achtungserfolg' darstellt", so das OVG. Der redaktionelle Gestaltungsspielraum der Rundfunkanstalt stehe dem auch nicht entgegen, da dieser laut OVG nur im Randbereich berührt sei.

Chancengleichheit vs. Rundfunkfreiheit

Das Urteil des OVG wurde nun wiederum vom BVerwG auf die Revision des RBB hin geändert. 

Zwar sei auch bei der Nachwahlberichterstattung einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt der Grundsatz der Chancengleichheit politischer Parteien aus Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) betroffen. Auch wenn mit Schließung der Wahllokale der Wettbewerb um Wähler:innenstimmen für diese Wahl beendet sei, sei das Wahlergebnis für künftige Wahlen von Bedeutung.

Auf der anderen Seite stehe aber der einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt zukommende redaktionelle Spielraum bei der Programmgestaltung, der "den Kern ihrer von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützten Rundfunkfreiheit ausmacht", so das BVerwG weiter. Chancengleichheit und Rundfunkfreiheit stünden hier in einem Spannungsverhältnis, das durch ein redaktionelles Gesamtkonzept der Rundfunkanstalt, welches beiden betroffenen Rechten hinreichend Rechnung trägt, aufgelöst werden müsse.

Redaktionelles Konzept des RBB laut BVerwG nicht zu beanstanden

Der RBB hatte all jene Parteien gesondert repräsentiert, deren (geschätzter) Stimmenanteil über vier Prozent lag. Er habe sich dabei an der Erwartbarkeit des Einzugs der jeweiligen Partei in den Landtag beziehungsweise deren bundespolitischer Bedeutung orientiert und ergänzend in seinem Internetangebot vertiefende Informationen bereitgehalten, so das Leipziger Gericht.

Dieses Konzept ist laut BVerwG nicht zu beanstanden. Die Rundfunkanstalt habe damit den Erwartungen der Zuschauer:innen und seinem Programmauftrag Rechnung getragen. Die damit verbundenen Einbußen an Sichtbarkeit für kleinere Parteien seien mit dem Grundsatz der Chancengleichheit vereinbar, eine Abstufung nach der Bedeutung der Parteien sei erlaubt.

Anders als das OVG angenommen hatte, muss der RBB laut BVerwG "Achtungserfolge" von Kleinparteien nicht unbedingt berücksichtigen. Das begründet das BVerwG damit, dass schon der Begriff "Achtungserfolg" zu unbestimmt sei und sich dann auch alle weiteren Kleinparteien darauf berufen könnten. Dieser tiefgreifende Eingriff in die Programmautonomie könne nicht gerechtfertigt werden, selbst wenn man unterstellt, dass die Nennung etwaiger "Achtungserfolge" die Chancen der betroffenen Parteien bei zukünftigen Wahlen beziehungsweise für Unterstützer:innen, Mitglieder und Spenden erhöhen würde, so das BVerwG.

mh/LTO-Redaktion 

mit Material der dpa

Zitiervorschlag

BVerwG zur Darstellung von Parteien: . In: Legal Tribune Online, 14.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56600 (abgerufen am: 17.03.2025 )

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