Druckversion
Freitag, 16.05.2025, 23:16 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/bverwg-3c6-17-suizid-medikament-natrium-pentobarbital-erlaubnis-abgelehnt-erkrankung
Fenster schließen
Artikel drucken
35641

BVerwG lehnt Antrag Sterbewilliger ab: Sui­zid­me­di­ka­mente nur für Schwer­kranke

28.05.2019

Betäubungsmittel (Symbolbild)

© weyo - stock.adobe.com

Patienten, die sich aufgrund einer schweren Krankheit das Leben nehmen möchten, können einen Anspruch auf tödliche Betäubungsmittel haben, sagte das BVerwG 2017. Aber auf Vorrat gibt es die nicht. 

Anzeige

Nur wer wirklich schwer erkrankt ist, hat einen Anspruch darauf, vom Staat eine Erlaubnis zum Erwerb von Betäubungsmitteln zur Selbsttötung zu erhalten. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am Dienstag bestätigt. Ein älteres Ehepaar hatte die Mittel auf Vorrat erwerben wollen, um nicht im Fall einer schweren Erkrankung ihr Lebensende in Leiden verbringen zu müssen. Ein solches Ansinnen genüge aber nicht, stellte der 3. Senat klar (Urt. v. 28.05.2019, Az. 3 C 6.17).

Das Ehepaar (geb. 1937 und 1944) hatte im Juni 2014 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erlaubnis zum Erwerb von jeweils 15 g Natrium-Pentobarbital für eine gemeinsame Selbsttötung beantragt. Zwar ging es den beiden zum Zeitpunkt ihres Antrags gesundheitlich noch den Umständen entsprechend gut, doch wollten sie gewappnet sein für mögliche Erkrankungen, die sie mit fortschreitendem Alter auf sich zukommen sahen. Sie wollte nicht miterleben, wie körperliche und geistige Kräfte langsam nachließen, so ihre Begründung. Außerdem wollten sie den jeweils anderen nicht alleine zurücklassen.

Das BfArM lehnte den Antrag allerdings ab, weil man den Kauf von Medikamenten zum Suizid nicht erlauben könne. Natrium-Pentobarbital steht auf einer Liste von Betäubungsmitteln, deren Erwerb ohne ärztliche Verschreibung oder behördliche Erlaubnis verboten und eine Straftat ist. Die Behörde kann grundsätzlich eine Erlaubnis zum Erwerb von Medikamenten erteilen, allerdings nur, wenn dies nicht dem Zweck des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) zuwiderläuft, "die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen" (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG).

Grundsatzurteil des BVerwG 2017 sorgte für Aufregung

Nach Ansicht des BfArM war dieser Fall aber beim Suizid gegeben. Ebenso sahen es die Instanzgerichte, welche die Klage der Eheleute abwiesen. Zwischenzeitlich allerdings fällte das BVerwG im März 2017 ein Grundsatzurteil in einer vergleichbaren Konstellation, nach dem Sterbewillige in Ausnahmefällen einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zum Erwerb des Barbiturats haben. Das Urteil sorgte für viel Aufsehen und wurde heftig kritisiert. Allerdings hat bis heute keiner der Antragsteller - bis Ende Februar dieses Jahres immerhin 123 - einen positiven Bescheid bekommen. Nicht zuletzt deshalb, weil das Bundesgesundheitsministerium die Freigabe seither blockiert.

Ein erneutes positives Urteil aus Leipzig hätte nun vielleicht Bewegung in die Angelegenheit bringen können, doch die Richter lehnten das Ansinnen des Ehepaars ab. Dazu mussten sie sich auch gar nicht in Widerspruch zu ihrer zwei Jahre alten Entscheidung setzen. Schon damals hatte der Senat betont, dass diese Möglichkeit eine absolute Ausnahme darstelle in Fällen, in denen die Sterbewilligen an einer schweren Erkrankung litten und ihre Leiden nicht anders - bspw. durch palliativmedizinische Maßnahmen - zu lindern seien.

Das Gericht betonte nun erneut, dass zum Erwerb grundsätzlich eine therapeutische Zielrichtung erforderlich sei, das Medikament also dazu dienen müsse, Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern. Ein Ausnahmefall wie 2017 liege hier nicht vor, stellte der Senat - laut Pressemitteilung relativ knapp - fest. Den vorsorglichen Erwerb eines tödlichen Medikaments zum Suizid im Hinblick auf mögliche künftige Erkrankungen sahen die Richter nicht als tauglichen Grund für eine Erlaubnis an.

mam/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BVerwG lehnt Antrag Sterbewilliger ab: . In: Legal Tribune Online, 28.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35641 (abgerufen am: 16.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Medizinrecht
    • Arzneimittel
    • Medizin
    • Sterbehilfe
    • Suizid
  • Gerichte
    • Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)
Patient mit Zugang für eine Infusion (Symbolbild) 28.04.2025
Sterbehilfe

BGH verwirft Revision:

Arzt muss wegen Ster­be­hilfe drei Jahre in Haft

Ein Mediziner wurde nach dem assistierten Suizid eines psychisch kranken Patienten wegen Totschlags in Mittäterschaft verurteilt. Seine Revision gegen die Entscheidung des LG Essen ist nun beim Bundesgerichtshof erfolglos geblieben.
 

Artikel lesen
Ein Mediziner berät zur Spirale 09.04.2025
Medizin

OLG Frankfurt am Main:

1.000 Euro Sch­mer­zens­geld nach Bruch einer Ver­hü­tungsspi­rale

Sogenannte Kupferspiralen gelten als beliebte Verhütungsalternative zur Antibabypille. Weil eine Frau infolge eines Produktfehlers noch einmal behandelt werden musste, erhält sie nun 1.000 Euro Schmerzensgeld.

Artikel lesen
Arzt und Patientin im Gespräch (Symbolbild) 21.01.2025
Ärzte

BGH zur Einwilligung in medizinische Eingriffe:

Schrift­liche Auf­klärung beim Arzt nur als Ergän­zung mög­lich

Zur Aufklärung über medizinische Eingriffe muss ein mündliches Gespräch gehören, das über schwerwiegende und seltene Risiken aufklärt. Schriftliche Unterlagen können nur als Stütze dienen, etwa zur Wiederholung des Gesagten. So der BGH.

Artikel lesen
Insulin 11.12.2024
Sterbehilfe

LG Köln verurteilt Tochter einer demenzkranken Frau:

Vier Jahre Frei­heits­strafe für aktive Ster­be­hilfe

"Mord per Insulinspritze" hatte die Frau gegoogelt, bevor sie versuchte, ihre Mutter zu töten. Sie überlebte. Die Tat geschah nach Überzeugung des Gerichts aus Mitleid, das Mordmerkmal der Heimtücke sei auch nicht einschlägig.

Artikel lesen
Erster Senat des BVerfG 26.11.2024
Zwangsbetreuung

BVerfG beanstandet Krankenhausvorbehalt:

Zwangs­maß­nahmen müssen auch ambu­lant mög­lich sein

Medizinische Maßnahmen ohne den Willen des Patienten sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich – bisher aber ausschließlich im Krankenhaus. Das BVerfG hält dies für verfassungswidrig, bis 2027 muss der Gesetzgeber nachjustieren.

Artikel lesen
Das Bild zeigt medizinisches Personal in einem Krankenhausflur und verdeutlicht die Verbindung zwischen Medizin, Sozialrecht und Ethik. 13.11.2024
Beruf

Zwischen Sozialrecht, lateinischen Vokabeln und Ethik:

Wenn Juristen Medizin können müssen

Wie lebensnah das Medizinrecht ist, zeigte nicht zuletzt die Corona-Pandemie mit Fragen rund um Testpflicht und Impfschäden. Häufig geht es auch um persönliche Schicksale. Annabell Horn hat mit drei Medizinrechtlern gesprochen.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Oppenhoff
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Köln

Logo von Oppenhoff
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Frank­furt am Main

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von ARQIS
Prak­ti­kan­ten (m/​w/​d) AR­QIS Sum­mer School 2025

ARQIS , Düs­sel­dorf

Logo von HALM WENZEL & Collegen
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) für Arzt­haf­tungs­recht

HALM WENZEL & Collegen , Köln

Logo von ADVANT Beiten
Re­fe­ren­da­re (w/m/d) für den Be­reich Me­di­zin­recht

ADVANT Beiten , Ber­lin

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Frank­furt (Oder)

Logo von Gleiss Lutz
Re­fe­ren­dar­sta­ti­on Stutt­gart

Gleiss Lutz , Stutt­gart

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Logo von Hagen Law School in der iuria GmbH
Fortbildung Miet- und Wohnungseigentumsrecht im Selbststudium/ online

16.05.2025

Arbeitszeit im Fokus

19.05.2025

Karriere-Powerworkshops "Erfolgsfaktor Personal Branding"

20.05.2025

Juristinnen netzwerken ... - After Work live in Köln

22.05.2025, Köln

Rechnungslegung in der Non-Profit-Organisation

20.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH