BVerwG zur Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs: Keine Ein­sicht in Pati­en­ten­akten

11.03.2022

Dürfen Behörden zur Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs in Patientenakten schauen? Damit hatte sich jetzt in dritter Instanz das BVerwG zu beschäftigen.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, dass die für die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs zuständigen Behörden keinen Anspruch auf Einsicht in ärztliche Patientenakten haben (Urt. v. 10.03.2022, Az. 3 C 1.21).

Geklagt hatte ein Arzt mit allgemeinmedizinischer Praxis, der von der Landeshauptstadt München als Überwachungsbehörde (§ 22 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz) dazu aufgefordert wurde, mehrere Patientenakten vorzulegen. Ebenfalls sollte er sämtliche Betäubungsmittelrezepte vorlegen sowie Unterlagen, welche die Verschreibung von Betäubungsmitteln medizinisch rechtfertigen können. Begründet wurde dies von der Behörde damit, dass es bei routinemäßigen Kontrolle auffällige Rezepte gegeben habe. Deshalb sei eine weitergehende Prüfung angezeigt und dafür würden auch Patientenakten benötigt.

Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Landeshauptstadt München hinsichtlich der Vorlage der Patientenakten aufgehoben. Im Berufungsverfahren wies der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Bayern die Klage wiederum vollumfänglich ab und gab insoweit der Landeshauptstadt München Recht.

Nunmehr hat der 3. Senat des BVerwG das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt, das Revisionsverfahren verlief für den Arzt teilweise erfolgreich. Die Annahme des VGH, dass Patientenakten zum Anwendungsbereich der vorlagefähigen Unterlagen im Sinne von § 22 Abs. 1 BtMG gehören, verstoße gegen Bundesrecht, meint das BVerwG. Die Auslegung der Vorschrift ergebe, dass sie auf Patientenakten keine Anwendung findet. Weder Wortlaut noch Systematik oder Entstehungsgeschichte geben Anlass für eine andere Auffassung, so der Senat. Anders liege es für die Befugnis zur Einsicht in Betäubungsmittelrezepte. Sie finde in § 22 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 8 Abs. 5 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung eine hinreichend bestimmte und auch im Übrigen verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage.

jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerwG zur Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs: Keine Einsicht in Patientenakten . In: Legal Tribune Online, 11.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47800/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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