Die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte diene Transparenz und Bürgernähe. Sie greift zwar in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beamten ein, ist laut BVerwG aber verfassungsgemäß.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte als rechtmäßig bestätigt. Zwar greife die Pflicht zum Tragen eines Namensschildes oder einer Nummer in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Polizisten ein. Dieser Eingriff sei aber verfassungsgemäß, urteilte das Gericht in Leipzig am Donnerstag (Urt. v. 26.09.2019, Az. 2 C 31.18 und 2 C 33.18).
Uniformierte Polizisten müssen in Brandenburg bei Amtshandlungen ein Namensschild an ihrer Dienstkleidung tragen. Beim Einsatz in einer geschlossenen Einheit, etwa einer Hundertschaft, wird das Namensschild durch eine Kennzeichnung ersetzt, mit der die Beamten nachträglich identifiziert werden können. Das Thema wird bundesweit unterschiedlich gehandhabt. So wurden in Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen Kennzeichnungspflichten durch das Tragen von Namensschildern oder einprägsamen Nummernkombinationen auf Uniformen und Helmen vorgesehen, in Hamburg wird eine solche zurzeit vorbereitet. In Nordrhein-Westfalen wurde Ende 2016 eine Kennzeichnungspflicht eingeführt, allerdings bereits ein Jahr später von der neuen Landesregierung wieder abgeschafft. Auch auf Bundesebene konnte sich eine entsprechende Verpflichtung nicht durchsetzen (BT-Drs. 17/11263).
Kennzeichnung beugt Straftaten vor
Geklagt hatten eine Polizeioberkommissarin und ein Polizeihauptmeister. Beide führten in der mündlichen Verhandlung hauptsächlich Sicherheitsbedenken ins Feld. "Es geht nicht darum, dass wir verhindern wollen, wenn es einen Anlass dafür gibt, im Nachhinein identifizierbar zu sein", sagte die Beamtin. Das Problem seien heikle Einsätze. Heutzutage würden Polizisten ständig mit Handys gefilmt und fotografiert. "Wenn man einen Namen hat, der nicht Müller, Meier, Schulze oder Lehmann ist, dann ist das alles sehr leicht nachzuvollziehen." An ihrem Privatauto sei schon der Spiegel abgetreten worden. Allerdings sei es kaum zu beweisen, dass es da einen Zusammenhang mit dem Namensschild im Dienst gibt. In den Vorinstanzen ist die Klage der Polizisten erfolglos geblieben. Nun wies auch das BVerwG ihre Revision zurück.
Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beamten sei gerechtfertigt, urteilte die Richter beim BVerwG. Er beruhe auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage und genüge dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Pflicht zum Tragen des Namensschilds diene zum einen der Stärkung der Bürgernähe und der Transparenz der Arbeit der Polizei. Zum anderen gewährleistet sie die leichtere Aufklärbarkeit etwaiger Straftaten oder nicht unerheblicher Dienstpflichtverletzungen von Polizeivollzugsbeamten und beuge damit solchen vor, entschieden die Leipziger Richter.
Auch EGMR befürwortet Kennzeichnung
Dasselbe gelte für die Verpflichtung zum Tragen des Kennzeichens in geschlossenen Einheiten. "Bei der Verpflichtung zum Tragen der Kennzeichnung tritt der Gedanke der leichteren Aufklärbarkeit von Straftaten oder Dienstpflichtverletzungen von uniformierten Polizeibeamten und damit auch der Gesichtspunkt der Prävention in den Vordergrund", so das BVerwG in einer Mitteilung. Die Möglichkeit der Identifizierung gewährleiste zudem, dass die Vielzahl rechtmäßig handelnder Beamter von der Einbeziehung in Ermittlungen verschont bleibe.
Die Kennzeichnungspflicht sei zudem eine Möglichkeit, der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Rechnung zu tragen, betonte das BVerwG. Der EGMR hatte 2017 das Tragen einer unverwechselbaren Kennzeichnung für Polizisten befürwortet (EGMR, Urteil vom 9.11.2017, 4774/15). Die datenschutzrechtlichen Vorschriften Brandenburgs sichern laut BVerwG die zweckentsprechende Verwendung der Daten.
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßte das Urteil. Regina Michalke, Mitglied des Ausschusses Gefahrenabwehrrecht des DAV sagte: "Durch die Kennzeichnungspflicht von Polizeibediensteten wird staatliches Handeln zurechenbar und nachvollziehbar. Sie zeigt ein Selbstverständnis einer modernen Polizei, die den Menschen offen, kommunikativ und transparent entgegentritt." Das Tragen der Kennung stärke die Vertrauensbildung zwischen Bürgern und Polizei, so Michalke weiter.
Die Gewerkschaft der Polizei (GDP), die die Kläger unterstützt hat, lehnt die Kennzeichnungspflicht weiter ab. Transparenz sei auch so gegeben, eventuelle Straftaten von Polizisten würden in einem ganz normalen Ermittlungsverfahren aufgeklärt. Man werde jetzt die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und prüfen, ob man Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einlege, sagte der Brandenburger Gewerkschaftssekretär Michael Peckmann. In Brandenburg werde sich die GDP im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zudem für Änderungen an den Regelungen einsetzen.
acr/LTO-Redaktion
BVerwG: . In: Legal Tribune Online, 26.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37871 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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