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BVerwG zum Sicherheitsüberprüfungsgesetz: BND muss erklären, warum er Bewerber ablehnt

von Annelie Kaufmann

12.01.2023

Tag der offenen Tür beim BND.

Beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung wirbt der BND – zu viel will man über die Auswahl von Bewerbern aber nicht preisgeben. Foto: picture alliance / photothek | Thomas Imo

Das Auswahlverfahren bestanden, aber bei der Sicherheitsüberprüfung durchgefallen – ein Bewerber beim BND will genau wissen, warum. Tatsächlich muss der BND grundsätzlich nähere Auskünfte erteilen.

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Die deutsche Staatsangehörigkeit, ein mittlerer Schulabschluss und älter als 16 Jahre – das sind die Grundvoraussetzungen, die Bewerberinnen und Bewerber erfüllen müssen, um eine Ausbildung beim Bundesnachrichtendienst (BND) zu erfüllen. Der Bewerber T., Jahrgang 1990, hatte auch das Auswahlverfahren grundsätzlich bestanden, wurde aber dennoch abgelehnt. Die Sicherheitsüberprüfung sei negativ ausgefallen, erfuhr er. Eine nähere Begründung dafür gab es nicht.

T. ist in Russland geboren, spricht russisch als Muttersprache und hat dort Verwandte. "Ich bin mir sicher, dass es nur daran liegt, dass ich im Ausland geboren bin", so T. am Donnerstag vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG). "Und nur deshalb gehe ich dagegen vor. Das ist nicht das Deutschland, in dem ich aufgewachsen bin." Dass die Vertreter des BND in der Gerichtsverhandlung betonen, es sei "kein persönlicher Makel, durch die Sicherheitsüberprüfung zu fallen", sondern lediglich eine "Risikoeinschätzung", reicht T. nicht aus. Er will die genauen Gründe erfahren und, falls möglich, entkräften.

Tatsächlich gab der 2. Senat ihm in einem ersten Schritt Recht: Der BND muss nun die Aktenbestandteile vorlegen, aus denen sich die aus seiner Sicht tatsächlichen Anhaltspunkte für ein Sicherheitsrisiko im Sinne von § 5 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) bei einer Tätigkeit des Klägers beim BND ergeben (Beschl. v. 12.01.2023, Az. 2 A 2.22).

Das entspricht der bisherigen Rechtsprechung des BVerwG, wonach das Bewerbungsverfahren zumindest eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Dass sich der Senat damit nochmal intensiv auseinandersetzte, lag an einer Änderung des SÜG. Seit 2017 regelt § 14 SÜG ausdrücklich, dass der BND Bewerberinnen und Bewerber nicht über das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung unterrichten muss.

Über Ergebnis muss BND eigentlich nicht informieren…

Die Regelung ist aber weniger eindeutig, als sie scheint. "Wie soll das denn gehen?", fragte der Vorsitzende Richter Dr. Markus Kenntner in der mündlichen Verhandlung am Donnerstag und fügte hinzu: "Das ist keine Fangfrage." Denn tatsächlich ist man beim BND auch etwas ratlos. Die Vorschrift regelt zwar klar, dass nach dem Bewerbungsverfahren standardmäßig keine Auskunft über die Sicherheitsüberprüfung gegeben wird. Was aber, wenn ein Bewerber Widerspruch einlegt, wenn er abgelehnt wurde? Dann muss der BND einen Grund mitteilen, warum er ihn für nicht geeignet hält. "Und wir können uns ja schlecht einen Grund ausdenken", heißt es seitens des BND.

Tatsächlich ist der BND – wie jede Bundesbehörde – dazu verpflichtet, gem. Art. 33 Grundgesetz (GG) im Bewerbungsverfahren nach Eignung und Befähigung auszuwählen. Dass er das tut, kann gerichtlich überprüft werden. Wenn der Bewerber nur deshalb ungeeignet ist, weil er die Sicherheitsüberprüfung nicht bestanden hat, sieht sich der BND also nach wie vor gezwungen, das auch so mitzuteilen, um den Widerspruch zu entkräften. Dennoch sei die Regelung so zu verstehen, dass der BND eben keine weiteren Auskünfte zur Sicherheitsüberprüfung geben müsse, argumentierte der BND.

"Im Bewerbungsverfahren wollen Sie den § 5 SÜG anwenden, im Widerspruchsverfahren tun Sie es nicht und im gerichtlichen Verfahren soll er wieder gelten – das ist nicht nachvollziehbar", kritisierte T.s Rechtsanwalt Robert Runkel von der Leipziger Kanzlei Kahlert Padberg.

…tut er es aber, gibt es auch Rechtsschutz

Der Vorsitzende des 2. Senats hat durchaus Verständnis dafür, dass der BND darauf besteht, über die Sicherheitsüberprüfung allein zu entscheiden. "Ich denke nicht, dass ein behördliches Letztentscheidungsrecht hier ausgeschlossen wäre", so Kenntner. "Aber dann müsste der Gesetzgeber das klar regeln." Ob eine solche Regelung verfassungsgemäß wäre, hätte dann im Zweifelsfall das Bundesverfassungsgericht zu klären. Die derzeitige Formulierung reicht dem 2. Senat aber nicht aus, um sich von seiner Rechtsprechungslinie abbringen zu lassen.

Er gibt dem BND deshalb auf, die tatsächlichen Anhaltspunkte für ein Sicherheitsrisiko in T.s Fall darzulegen. Das heißt allerdings noch nicht, dass T. sein Ziel erreicht. Zum einen kann in solchen Fällen das Bundeskanzleramt eine Sperrerklärung abgeben, wenn es Sicherheitsbedenken hat – das Verfahren wird dann bei einem anderen Senat im sogenannten In-camera-Verfahren fortgeführt, das heißt nur die Richterinnen und Richter erhalten sensible Informationen und entscheiden, ob ein ausreichender Grund für die Geheimhaltung vorliegt. Daran wäre dann auch der 2. Senat gebunden.

Möglich ist aber auch, dass der BND T. nun zwar genauere Gründe mitteilt, die aber einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Nach § 5 SÜG reicht eine "besondere Gefährdung der betroffenen Person, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, bei möglichen Anbahnungs- oder Werbungsversuchen", etwa durch ausländische Nachrichtendienste aus. Sollte der BND ausreichende Anhaltspunkte dafür haben, müsste das tatsächlich kein "persönlicher Makel" sein, würde aber T.s Ausbildung beim BND dennoch entgegenstehen.

 

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BVerwG zum Sicherheitsüberprüfungsgesetz: BND muss erklären, warum er Bewerber ablehnt . In: Legal Tribune Online, 12.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50743/ (abgerufen am: 26.03.2023 )

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