BVerwG zur gerichtlichen Kontrolle von Botschaften: Visums­ent­schei­dungen nur beschränkt über­prüfbar

18.09.2015

Ein afghanischer Vater darf seinen in Deutschland lebenden Sohn nicht besuchen, denn es könnte sein, dass er nicht mehr zurückkehrt. Diese Einschätzung der Botschaft können deutsche Gerichte nur eingeschränkt überprüfen, so das BVerwG.

Vor zwei Jahren hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Auslandsvertretungen einen weiten Beurteilungsspielraum haben, wenn sie über Visumsanträge nach dem Visakodex der Europäischen Union bescheiden. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom Donnerstag hieraus die Konsequenz gezogen, dass die behördliche Entscheidung der Botschaft nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist (Urt. v. 17.09.2015, Az. 1 C 37.14).

Ein im Iran lebender afghanischer Staatsangehöriger begehrte die Erteilung eines Schengen-Visums, um seinen in Deutschland lebenden Sohn zu besuchen. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Teheran lehnte den Antrag des Mannes jedoch mit der Begründung ab, dass die wenigen vorgelegten Unterlagen keine positive Beurteilung seiner Rückkehrbereitschaft erlaubten. Die Lage als afghanischer Staatsbürger im Iran sei allgemein schwierig und es herrsche ein starker Migrationsdruck. Außerdem sei der Vater nach seinen persönlichen Umständen im Iran nicht hinreichend verwurzelt, stattdessen habe er starke familiäre Bindungen in den Schengen-Raum.

Nachdem die gegen diese Entscheidung gerichtete Klage in erster Instanz noch  Erfolg hatte, wies das Oberverwaltungsgericht (OVG) sie ab. Diese Entscheidung hat der 1. Senat des BVerwG nun im Ergebnis bestätigt.

Nur eingeschränkte gerichtliche Kontrolle

Wie bereits der EuGH am 19. Dezember 2013 (C-84/12, Koushkaki) entschieden habe, verfügten die zuständigen Auslandsvertretungen bei der Prüfung der Visumanträge über einen "weiten  Beurteilungsspielraum", der sich auf die Auslegung der Verweigerungsgründe und die Würdigung der hierfür maßgeblichen Tatsachen beziehe. Dies hatte der EuGH damit begründet, dass die Bewertung solcher Sachverhalte komplex sei, auf einer Prognose beruhe und die Auslandsvertretung die sachnähere Instanz sei, um den Einzelfall zu beurteilen.

Aus dieser Entscheidung des EuGH zogen die Leizpziger Richter wie auch schon die der Vorinstanz die Konsequenz, dass die Entscheidung der Botschaft auch nur eingeschränkt durch nationale Gerichte überprüfbar sei. Es seien lediglich die Maßstäbe anzuwenden, die das deutsche Recht für die gerichtliche Überprüfung eines behördlichen Beurteilungsspielraums bereithalte.

Gemessen hieran sei die behördliche Wertung, dass begründete Zweifel an der Rückkehrbereitschaft des Klägers bestünden, nicht zu beanstanden, denn sie sei plausibel und nachvollziehbar.

ahe/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerwG zur gerichtlichen Kontrolle von Botschaften: . In: Legal Tribune Online, 18.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16931 (abgerufen am: 04.10.2024 )

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