Die Geschäftspolitik von Facebook ist deutschen Datenschützern ein Dorn im Auge. Nun soll der Europäische Gerichtshof Grundsatzfragen zu Facebook-Fanseiten beantworten.
Ein Streit über den Datenschutz bei Facebook-Fanseiten wird den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat den Luxemburger Richtern am Donnerstag nach mündlicher Verhandlung eine Reihe von unionsrechtlichen Zweifelsfragen zur Beantwortung vorgelegt. Ausgangspunkt ist ein Rechtsstreit zwischen dem schleswig-holsteinischen Landeszentrum für Datenschutz (ULD) und der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein, einem Bildungsunternehmen der Industrie- und Handelskammern (IHK).
Das ULD hatte 2011 von dem Bildungsträger die Deaktivierung der Fanpage verlangt und 50.000 Euro Bußgeld angedroht. Das Unternehmen nutze die Angebote von Facebook wegen der technischen Infrastruktur und des Kundenpotenzials, sagte ULD-Anwalt Udo Kauß. "Nun ist Facebook kein karitatives Unternehmen, das etwas umsonst gibt. Es wird gezahlt, nicht mit Geld, sondern es wird gezahlt mit den Daten der Nutzer. Das ist problematisch." Die Nutzungsdaten der Besucher würden von Facebook über ein "Cookie" bei einem Aufruf der Fanpage erhoben. Sie würden von Facebook u.a. für Zwecke der Werbung sowie für eine auch den Unternehmen bereitgestellte Nutzerstatistik genutzt, ohne dass die Nutzer hierüber hinreichend aufgeklärt würden und in diese Nutzung eingewilligt hätten.
Ein Fanpage-Betreiber ist nach Auffassung der Datenschützer mitverantwortlich für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Facebook - und damit auch für eventuelle datenschutzrechtliche Verstöße. In den beiden Vorinstanzen hatte sich das ULD mit dieser Auffassung allerdings nicht durchsetzen können.
Irische Datenschützer haben keine Bedenken
Der EuGH soll nun unter anderem klären, inwieweit die deutschen Datenschützer überhaupt für die Überprüfung und Kontrolle von Facebook zuständig sind. Das Europageschäft des US-Konzerns verantwortet die Facebook Ireland Limited. Sie unterliege dem irischen Datenschutzrecht, betonten die Facebook-Anwälte. Die irische Datenschutzbehörde habe die Geschäftspraxis zweimal überprüft - und keinerlei ernsthafte Beanstandungen gehabt.
Schleswig-Holsteins oberste Datenschützerin, Marit Hansen, deren Vorgänger Thilo Weichert das Verfahren in Gang gebracht hatte, sagte in Leipzig, sie habe auf mehr Klarheit gehofft. Nun werde bis zur endgültigen Entscheidung wieder Zeit verstreichen. Der Vorlagebeschluss an den EuGH zeige aber, dass es Klärungsbedarf bei wichtigen Grundsatzfragen gebe.
Auch die IHK Schleswig-Holstein sei "nicht hundertprozentig zufrieden, weil es keine abschließende Entscheidung gibt", sagte Sprecher Can Özren. Es sei jedoch zunächst einmal erreicht worden, dass deutsche Unternehmen ihre Facebook-Fanseiten nicht abschalten müssen. "Alles Weitere wird der EuGH entscheiden."
dpa/acr/LTO-Redaktion
BVerwG legt EuGH vor: . In: Legal Tribune Online, 26.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18599 (abgerufen am: 11.12.2024 )
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