Derzeit kann die kleine Opposition vom Bundestag beschlossene Gesetze nicht verfassungsrechtlich überprüfen lassen. Das möchte die Fraktion Die Linke nun ändern. Am Dienstag haben die Linken Klage beim BVerfG eingereicht, um durch eine Änderung des GG die Minderheitenrechte weiter zu stärken.
Die Bundestagsfraktion der Linken will in einem Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine deutliche Stärkung der Oppositionsrechte im Bundestag erzwingen. Die 96-seitige Klageschrift sei dem BVerfG am Dienstag zugestellt worden, sagte der Prozessbevollmächtigte Hans-Peter Schneider.
Konkret beantragt die Oppositionsfraktion, festzustellen, dass der Bundestag zwei ihrer Gesetzentwürfe zu Unrecht abgelehnt hat (BT-Drs. v. 29.01.14, 18/380; BT-Drs. v. 18.03.14, 18/838). Ziel beider Anträge war es, durch eine Änderung des Grundgesetzes (GG) und verschiedener Bundesgesetze der Opposition unabhängig von der Zahl ihrer Mitglieder gewisse Minderheitenrechte zu geben. Nur so könne auch während der Legislaturperiode einer großen Koalition ihren Verfassungsauftrag wahrnehmen, als effektive Opposition die Regierung zu kontrollieren, führt die Linke in ihrer Begründung zum Gesetzesentwurf aus.
Mit der Ablehnung habe der Bundestag die Abgeordnetenrechte der Fraktion verletzt, indem er gegen das Demokratieprinzip des GG und gegen die Grundsätze des parlamentarischen Regierungssystems verstoßen habe, heißt es in den Klageanträgen.
Vorrangiges Ziel der Klage ist es, zu erreichen, dass auch die kleine Opposition im Bundestag verabschiedete Gesetze vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen kann, sagte Fraktionschef Gregor Gysi am Dienstag in Berlin.
Ziel: Oppositionsrechte unabhängig von der Fraktionsstärke
Derzeit ist es der Opposition faktisch nicht möglich, eine Normenkontrollklage einzureichen. Art. 93 Abs. 2 Nr. 2 GG und § 76 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) verlangen die Antragstellung von einem Viertel der Mitglieder des Bundestages. Die Fraktionen der Linken und Grünen im Bundestag haben zusammen 127 Stimmen, was nur etwa einem Fünftel der insgesamt 631 Sitze im Parlament entspricht.
Die Linke verlangt, dass unter anderem das Grundgesetz entsprechend geändert wird. Anstelle eines quantitativen Quorums von einem Viertel sollen zukünftig "alle Ausschussmitglieder der Fraktionen, die nicht die Bundesregierung tragen", antragsberechtigt sein.
Nach monatelangem Hin und Her seit der Bundestagswahl hatte der Bundestag im April beschlossen, die Rechte der Opposition zu stärken, indem die Hürden für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und für die Durchsetzung von Sondersitzungen durch eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages (GOBT) auf 120 Stimmen gesenkt wurden.
Die Linke hatte als einzige Fraktion nicht zugestimmt. Zum einen gingen ihr die Regelungen nicht weit genug, da sie zu wenig Kontrollmöglichkeiten verwirklicht sieht. Zum anderen, so führt die Fraktion auch in der Klage aus, habe das Parlament einen verfassungswidrigen Zustand geschaffen, indem es die GOBT geändert habe, obwohl Art 44 Abs. 1 GG weiterhin vorschreibt, dass ein Viertel der Mitglieder notwendig sei, um einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Daher müsse auch hier das Grundgesetz geändert und alles Nähere in einem formellen Gesetz anstelle der Geschäftsordnung geregelt werden.
Klage beim BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 01.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13361 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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