BVerfG zur elektronischen Patientenakte: Die Ver­si­cherten haben es selbst in der Hand

26.01.2021

Da die Nutzung der elektronischen Patientenakte freiwillig ist, könnten Versicherte selbst über die damit einhergehende Datenverarbeitung entscheiden. Für eine Verfassungsbeschwerde fehle es bereits an der Zulässigkeit, so das BVerfG.

Da die Nutzung einer elektronischen Patientenakte für Versicherte freiwillig ist, verletzen damit verbundene Datenverabeitungen Versicherte nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) beschlossen und eine Verfassungsbeschwerde wegen fehlender Zulässigkeit nicht zur Entscheidung angenommen (Beschl. v. 4.1.2021, Az. 1 BvR 619/20). Einen Antrag auf einstweilige Anordnung in einem zweiten Verfahren, mit dem das Inkrafttreten der entsprechenden Vorschriften verhindert werden sollte, hat das Gericht ebenfalls abgelehnt (Beschl. v. 4.1.21, Az. 1 BvQ 108/20).

Beiden Verfahren lagen Vorschriften im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte zugrunde. Diese würden gesetzlichen Krankenkassen erlauben, ihren Mitgliedern gezielt individuell zugeschnittene Informationen und Angebote zu Versorgungsinnovationen zukommen zu lassen (§ 68b Abs. 1 S. 4 SGB V).

Nach alter Rechtslage war das nur per Einwilligung des Versicherten möglich. Durch § 68b Abs. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) V entfiel das aber in Bezug auf die Datenauswertung, das Einwilligungserfordernis wurde im Hinblick auf gezielte Informationen und Angebote durch eine Widerspruchsmöglichkeit ersetzt. Zudem dürfen die gesetzlichen Krankenversicherungen mehr Sozialdaten erheben und speichern, die zur Vorbereitung von Versorgungsinnovationen, zur Information der Versicherten und zur Unterbreitung von Angeboten dienen (§ 284 Abs. 1 S. 1 Nr. 19 SGB V). 

Nicht in eigenen Rechten betroffen, Fachgerichte müssten zuerst entscheiden

In beiden Verfahren wird jeweils die Verletzung des Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gerügt.

In Bezug auf die Verfassungsbeschwerde erklärten die Karlsruher Richter, dass es schon an deren Zulässigkeit fehle. Der Beschwerdeführer sei durch die in Frage stehenden Normen nicht unmittelbar und gegenwärtig in eigenen Rechten betroffen. Schließlich sei die Nutzung der elektronischen Patientenakte gem. § 34 Abs. 1 S. 2 SGB V freiwillig. So habe der Beschwerdeführer es selbst in der Hand, eine Rechtsverletzung abzuwenden, indem er seine Einwilligung nicht erteile. 

Der Antragsteller im einstweiligen Anordnungsverfahren wollte das Inkrafttreten von § 68b Abs. 3, § 284 Abs. 1 S. 1 Nr. 19 SGB V im Oktober 2020 verhindern. Seinen Antrag lehnte das BVerfG ebenfalls ab. Aus Gründen der Subsidiarität müsse der Versicherte sich zunächst um Rechtsschutz bei den Sozialgerichten bemühen. Die in den angegriffenen Vorschriften enthaltenen Datenverarbeitungsbefugnisse enthielten unbestimmte Rechtsbegriffe, die zunächst fachgerichtlich ausgelegt werden müssten. Erst danach könnten verfassungsrechtliche Fragen geklärt werden.

pdi/LTO-Redaktion

 

Zitiervorschlag

BVerfG zur elektronischen Patientenakte: . In: Legal Tribune Online, 26.01.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44091 (abgerufen am: 12.10.2024 )

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