BVerfG zu juristischen Personen des Privatrechts: Wer öff­ent­liche Auf­gaben wahr­nimmt, muss Grund­rechts­fähig­keit dar­legen

15.12.2015

Unternehmen, die in der öffentlichen Daseinsvorsorge tätig sind, müssen bei einer Verfassungsbeschwerde von sich aus zu ihrer Grundrechtsfähigkeit vortragen. Das gilt auch für juristische Personen des Privatrechts.

Juristische Personen des Privatrechts müssen ihre Grundrechtsfähigkeit in einer Verfassungsbeschwerde jedenfalls dann näher darlegen, wenn es aufgrund der äußeren Umstände nahe liegt, dass sie von der öffentlichen Hand beherrscht werden oder öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Dies entschied die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in mehreren am Dienstag veröffentlichten Beschlüssen (Beschl. v. 02.11.2015, Az. 1 BvR 1530/15 und  1 BvR 1531/15; Beschl. v. 03.11.2015, Az. 1 BvR 1766/15, 1 BvR 1783/15 und 1 BvR 1815/15).

Ein Energieversorgungsunternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und eine kommunale Wohnungsbau-GmbH hatten sich mit Verfassungsbeschwerden gegen ihre Heranziehung zu Schmutzwasseranschlussbeiträgen nach dem Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg gewandt. Das BVerfG nahm beide Verfahren mangels Zulässigkeit nicht zur Entscheidung an, da die Unternehmen nichts zur ihrer Grundrechts- und Beschwerdefähigkeit vorgetragen hatten. Dies wäre jedoch notwendig gewesen, so das Gericht.

Während die kommunale Wohnungsbau-GmbH offenkundig von der öffentlichen Hand gehalten werde, ergäben sich auch bei dem Energieversorgungsunternehmen zumindest aus der Firmierung Hinweise auf eine öffentlich-rechtliche Trägerschaft. Insofern sei seine Grundrechts- und Beschwerdefähigkeit zumindest fraglich und der Energieversorger hätte von sich aus dazu vortragen müssen, so das BVerfG.

Zudem seien beide Unternehmen in klassischen Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge tätig. Auch insofern hätten sie ihre Grundrechtsfähigkeit thematisieren müssen. Denn sowohl juristische Personen des öffentlichen als auch solche des Privatrechts, die von der öffentlichen Hand gehalten oder beherrscht werden, sind im Allgemeinen nicht grundrechtsfähig, wenn sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen.

mbr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerfG zu juristischen Personen des Privatrechts: Wer öffentliche Aufgaben wahrnimmt, muss Grundrechtsfähigkeit darlegen . In: Legal Tribune Online, 15.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17865/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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