BVerfG nimmt Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an: Gefährder Haikel S. darf nach Tune­sien abge­schoben werden

07.05.2018

Nach dem Beschluss des BVerfG sind in Deutschland alle rechtlichen Möglichkeiten gegen die Abschiebung des Gefährders Haikel S. ausgeschöpft. Mit einem Eilantrag beim EGMR will die Anwältin des Terrorverdächtigen den Vollzug nun verhindern.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sieht keine Hindernisse für die Abschiebung des in Hessen inhaftierten Terrorverdächtigen Haikel S. nach Tunesien. Wie aus einem am Montag veröffentlichten Beschluss hervorgeht, nahm das Gericht die Verfassungsbeschwerde des als Gefährder eingestuften Mannes nicht zur Entscheidung an, weil die Todesstrafe in seinem Heimatland nicht vollstreckt wird (Beschl. v. 04.05.2018, Az. 2 BvR 632/18).

Hessen versucht schon seit längerem Haikel S. nach Tunesien abzuschieben. Die Ermittlungsbehörden werfen ihm vor, für die Terrormiliz IS einen Anschlag in Deutschland vorbereitet zu haben. Gemäß § 58a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ordnete das hessische Innenministerium "wegen drohender terroristischer Aktivitäten" seine Abschiebung an. Auch in seinem Heimatland steht er unter Terrorverdacht. Er soll unter anderem an dem Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis mit mehreren Toten im März 2015 beteiligt gewesen sein.

Bereits im März hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) einen Eilantrag des Mannes gegen seine Abschiebung abgelehnt. Die Leipziger Richter verwiesen dabei auf ein seit Jahren bestehendes Moratorium in Tunesien, nach dem eine drohende Todesstrafe nicht vollstreckt, sondern in eine lebenslange oder zeitige Freiheitsstrafe umgewandelt wird. Dieser Einschätzung schlossen sich nun auch die Karlsruher Richter an.

BVerfG: Haikel S. kann in Tunesien die Freiheit wiedererlangen

Die Abschiebung eines Gefährders in ein Zielland, in dem ihm die Verhängung der Todesstrafe droht, verstoße nicht gegen das Grundgesetz, wenn eine Vollstreckung der Todesstrafe ausgeschlossen sei, heißt es in dem Beschluss des BVerfG.

Zusätzliche müsse für den Betroffenen jedenfalls eine rechtliche und faktische Möglichkeit bestehen, seine Freiheit wiederzuerlangen. Unter Mithilfe des Staatspräsidenten sei dies in Tunesien möglich, bestätigen die Verfassungsrichter die Entscheidung des BVerwG. In einem ersten Schritt könne dieser die Todesstrafe durch einen Gnadenakt in eine lebenslange Freiheitsstrafe umwandeln. Nach 15-jähriger Haft könne dann in einem zweiten Schritt eine Begnadigung durch den Staatspräsidenten erreicht werden.

Wann der Terrorverdächtige Hessen verlässt, ist aber weiter unklar: Die Anwältin des Mannes stellte nach eigenen Angaben unmittelbar nach der Karlsruher Entscheidung einen Eilantrag beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), um die Abschiebung weiter zu verhindern.

Der Mann war im Februar 2017 bei einer Anti-Terror-Razzia festgenommen worden und wehrt sich bislang erfolgreich dagegen, Deutschland verlassen zu müssen. Haikel S. sitzt derzeit in Hessen in Abschiebehaft. Die vom Amtsgericht (AG) Frankfurt verhängte Frist läuft noch bis zum 25. Mai. Sollte der EGMR die Abschiebung erneut stoppen und länger für eine Entscheidung benötigen, müsste die Ausländerbehörde der Stadt Frankfurt eine nochmalige Verlängerung der Frist beantragen, erklärte ein Sprecher des AG.

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

BVerfG nimmt Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an: . In: Legal Tribune Online, 07.05.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28485 (abgerufen am: 08.12.2024 )

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