BVerfG verwirft Verfassungsbeschwerde: Streit um Zah­lungen an euro­päi­sche Schule

29.08.2018

Wenn der deutsche Gesetzgeber Hoheitsrechte an zwischenstaatliche Einrichtungen wie zum Beispiel an die EU überträgt, muss er dafür sorgen, dass ein Minimum an Grundrechtsschutz sichergestellt ist. Dazu gehört auch ein wirkungsvoller und lückenloser Rechtsschutz, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss klargestellt hat (Beschl. v. 24.07.2018, Az. 2 BvR 1961/09).

Eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), nach dem es für erhöhtes Schuldgeld an zwischenstaatlich organisierten europäischen Schulen keinen innerstaatlichen Rechtsschutz gibt, hat der Senat jedoch mit selbigem Beschluss als unzulässig verworfen.

Nach Karlsruhe gezogen waren Eltern, die ihre Kinder an der europäischen Schule in Frankfurt am Main unterrichten ließen. Solche Schulen gibt es auf EU-Ebene, damit die Kinder der Mitarbeiter europäischer Institutionen Unterricht in ihrer Muttersprache besuchen können. Es können sich auch andere Schüler anmelden, diese müssen aber Schulgeld zahlen.

BVerfG: Es muss wirkungsvollen Rechtsschutz geben

Die Eltern waren nicht damit einverstanden, dass der Oberste Rat dieses Schulgeld im Schuljahr 2003/04 um teilweise mehr als 30 Prozent angehoben hatte. Sie wandten sich zunächst an die Beschwerdekammer der europäischen Schulen, welche sich aber für unzuständig erklärte. Vor den deutschen Gerichten kamen sie auch nicht weiter: Die Frankfurter Schule genieße grundsätzlich Immunität, entschied zuletzt der BGH. Damit hatten die Eltern keine Möglichkeit mehr, gegen das erhöhte Schulgeld vorzugehen.

Dabei unterliegen Gesetze, die Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen nach Art. 24 Abs. 1 Grundgesetz (GG) übertragen, als Akte deutscher Staatsgewalt der Grundrechtsbindung, stellte das BVerfG nun klar. Der Gesetzgeber sei entsprechend dazu verpflichtet, das vom Grundgesetz geforderte Minimum an Grundrechtsschutz sicherzustellen.

Alle Verfassungsorgane müssten deshalb darauf hinwirken, dass der vom Grundgesetz geforderte Mindeststandard nicht unterschritten werde. Dazu gehöre auch die Gewährleistung eines wirkungsvollen und lückenlosen Rechtsschutzes, so die Karlsruher Richter.

Beschwerdekammer der Schule jedoch nicht unzuständig

Weil die Verfassungsbeschwerde aber nicht den Begründungsanforderungen genüge, hat das BVerfG sie in de Folge als unzulässig verworfen. Die Eltern konnten nach Auffassung der Karlsruher Richter nicht darlegen, warum die deutsche Gerichtsbarkeit über den Fall entscheiden oder das deutsche Zustimmungsgesetz, das die Rechte auf die europäische Schule überträgt, verfassungswidrig sein soll.

In der vom Bundestag abgesegneten Satzung der europäischen Schulen stehe in § 27 Abs. 7, dass für Entscheidungen des Obersten Rates die Beschwerdekammer ausschließlich erst- und letztinstanzlich zuständig sei, heißt es in dem Karlsruher Beschluss. Darunter falle dem Wortlaut nach auch der Streit ums Schulgeld. Dass weder die allgemeine Schulordnung noch das Statut der Beschwerdekammer oder ihre Verfahrensordnung Regelungen zum Schulgeld enthalte, ändere an der Zuständigkeit der Beschwerdekammer nichts.   

Aus der Begründung der Beschwerdeführer gehe auch nicht hervor, dass der Oberste Rat der europäischen Schule keinen wirkungsvollen Rechtsschutz sichergestellt habe und es sich insoweit um ein strukturelles Defizit handle. Vielmehr könne die Erklärung der Beschwerdekammer, für die Beschwerde gegen das Schulgeld nicht zuständig zu sein, auch eine Fehlentscheidung im Einzelfall gewesen sein.

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

BVerfG verwirft Verfassungsbeschwerde: Streit um Zahlungen an europäische Schule . In: Legal Tribune Online, 29.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30633/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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