BVerfG zum Sitzenbleiben während der Urteilsverkündung: Allah ist kein Grund

23.11.2017

Erheben dürfe er sich nur für Allah, erklärte ein gläubiger Muslim vor dem AG Mannheim anlässlich der Urteilsverkündung - und blieb sitzen. Die Verfassungsbeschwerde gegen das unter anderem dafür verhängte Ordnungsgeld blieb nun erfolglos.

Die Verfassungsbeschwerde eines Muslims, der vom Amtsgericht (AG) Mannheim zu einem Ordnungsgeld verurteilt worden war, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss abgewiesen (Beschl. v. 08.11.2017, Az. 2 BvR 1366/17). Der Mann hatte sich geweigert, zur Urteilsverkündung aufzustehen.

Der Kenianer war vor dem AG u. a. wegen gefährlicher Körperverletzung und falscher Verdächtigung angeklagt gewesen, erklärte Gerichtssprecher Dr. Klaus-Jürgen Seiser gegenüber LTO. Schon am ersten Tag der Hauptverhandlung deutete sich eine relativ laxe Einstellung des Mannes gegenüber Terminen vor Gericht an: Eine halbe Stunde zu spät erschien er dort, ohne eine passende Entschuldigung präsentieren zu können. Nach der Mittagspause nahm er sich sodann noch einmal zehn Minuten Zeit, um wieder in den Sitzungsssaal zurückzukehren.

Zum anberaumten Fortsetzungstermin sei er dann wieder 25 Minuten zu spät erschienen, berichtet Seiser. Schließlich habe er sich auch geweigert, den Anweisungen der Vorsitzenden Richterin Folge zu leisten: "Als sie ihn aufforderte, sich zur Urteilsverkündung zu erheben, blieb er sitzen mit der Begründung, er sei gläubiger Muslim und dürfe sich nur für Allah erheben."

Verletzung der Religionsfreiheit gerügt

Nachdem die Vorsitzende ihn belehrt hatte, trat offenbar immer noch kein Sinneswandel beim Angeklagten ein, woraufhin sie gegen ihn ein Ordnungsgeld i. H. v. 300 Euro, ersatzweise drei Tage Haft, verhängte.

Dagegen ging der Mann zunächst vor dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe vor, allerdings ohne Erfolg. Daraufhin zog er vor das BVerfG und rügte dort eine Verletzung seiner Religionsfreiheit. Schließlich kam er aber auch beim zweiten Karlsruher Gericht nicht weiter: Die Verfassungsbeschwerde sei offensichtlich unzulässig, beschloss die 2. Kammer des Zweiten Senats.

Der Mann habe nicht ausreichend vorgetragen, warum er durch das Ordnungsgeld in seinem Grundrecht auf Glaubensfreiheit verletzt sein könnte. Die Verhängung sei im Übrigen nicht nur auf sein Nichterheben zur Urteilsverkündung, sondern auch auf das mehrmals verspätete Erscheinen gestützt worden. Ein nicht gerechtfertigter Grundrechtseingriff sei daher hier nicht zu erkennen, so die Richter.

mam/LTO-Redaktion

mit Material von dpa

Zitiervorschlag

BVerfG zum Sitzenbleiben während der Urteilsverkündung: . In: Legal Tribune Online, 23.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25665 (abgerufen am: 08.12.2024 )

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