Das BSW ist mit diversen Anträgen auf Neuauszählung der Bundestagswahl in Karlsruhe gescheitert. Die Partei könne im Nachhinein ein Wahlprüfungsverfahren anstrengen, so das BVerfG. Bis dahin entstünden ihr keine zu großen Nachteile.
Die Stimmen zur Bundestagswahl werden erst einmal nicht neu ausgezählt. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), einzelne Politiker der Partei sowie einige ihrer Wähler sind jeweils mit ihren darauf gerichteten Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gescheitert (Beschl. v. 13.03.2025, Az. 2 BvE 6/25 u. a.).
Die Wagenknecht-Partei hatte nach dem vorläufigen Endergebnis bei der Bundestagswahl am 23. Februar rund 4,972 Prozent der Zweitstimmen erhalten und war damit äußerst knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Nach Angaben der Partei fehlten zunächst etwa 13.400 Stimmen. Seither ergaben einzelne Nachzählungen an mehreren Orten, dass offenbar einige Stimmen falsch zugeordnet wurden, sodass es letztlich sogar nur noch rund 9.500 Stimmen gewesen seien, die zum Einzug in den Bundestag fehlten. Mit dem Argument, dass auch diese vergleichsweise wenigen Stimmen womöglich durch falsche Zuordnung verloren gegangen sein könnten, zog die Partei nach Karlsruhe.
In den insgesamt drei Beschlüssen äußerte sich das BVerfG am Donnerstag zu einem Organstreitverfahren des BSW, einer Verfassungsbeschwerde sowie "isolierten Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Vorgriff auf eine Wahlprüfungsbeschwerde", wie das Verfassungsgericht in einer knappen Mitteilung bekanntgab. Die Idee dahinter war immer gleich: Die Antragsteller wollten alle erreichen, dass die für den folgenden Freitag angesetzte Feststellung des amtlichen Wahlergebnisses aufgeschoben wird, bis sämtliche Stimmen neu ausgezählt wurden.
Das BVerfG hat die Antragsteller in allen drei Beschlüssen auf das Wahlprüfungsverfahren verwiesen, das ihnen nach Feststellung des amtlichen Ergebnisses offensteht. Zur Begründung führte es an: "Ebenso wie vor der Wahl ist auch vor der Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses Rechtsschutz in Bezug auf diese Wahl nur begrenzt möglich." Insbesondere sei Rechtsschutz gegen mögliche Auszählfehler dem Einspruch gegen die Wahl und dem Wahlprüfungsverfahren vorbehalten – und zwar, "ohne dass damit unzumutbare Nachteile verbunden wären", so das BVerfG knapp. Es verwies dabei auf Beschlüsse aus Dezember 2024. Damals hatten Kleinstparteien versucht, wegen der vorgezogenen Bundestagswahl zu erreichen, dass die für sie notwendigen Unterschriftenquoren ausgesetzt oder zumindest modifiziert werden würden.
Nächste Möglichkeit: Wahleinspruch beim Bundestag
"Dass das Bundesverfassungsgericht unseren Eilanträgen nicht gefolgt ist, ist bedauerlich. Es zeigt, dass es erheblichen Reformbedarf gibt, was die juristischen Möglichkeiten der Wahlprüfung angeht", kommentierte Wagenknecht die Karlsruher Entscheidungen. Sie hofft, dass mehr Stimmen für das BSW "gefunden" werden. "Dienst nach Vorschrift reicht bei der Überprüfung dieses Wahlergebnisses nicht, Gewissheit kann es nur durch eine bundesweite Neuauszählung aller Stimmen geben."
Die Partei hat jetzt noch die Möglichkeit, das amtliche Endergebnis abzuwarten und dann beim Bundestag Einspruch zu erheben. Erst im Falle eines solchen sogenannten Wahleinspruchs muss der Bundestag prüfen, ob die Wahl gültig ist und ob subjektive Rechte im Wahlverfahren verletzt sind. Dann kommt es ggf. zu einem Wahlprüfungsverfahren (Art. 41 Abs. 1 Grundgesetz, § 49 Bundeswahlgesetz, § 2 Wahlprüfungsgesetz). Diesen Weg wolle sie einschlagen, falls die jetzigen Anträge nicht durchkommen sollten, hatte Wagenknecht im Vorfeld angekündigt.
Für die erst Anfang 2024 gegründete Partei wäre der Einzug in den Bundestag politisch von höchster Bedeutung. Fände sie doch noch einen Weg ins Parlament, würden die Mandate neu aufgeteilt. Das wäre nicht nur für Wagenknechts politische Karriere und ihre Partei äußerst relevant. Vor allem verhinderte der Einzug des BSW in den Bundestag die Zweier-Koalition von Union und SPD, zu der Schwarz-Rot bereits in wichtigen Rechtsgebieten wie dem Arbeits- oder Asylrecht fleißig sondieren, während sie noch schnell ein historisches Finanzpaket mit einem Volumen von mehreren Hundert Milliarden Euro für Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben in der kommenden Woche mit dem alten Bundestag durchbringen wollen. Ob das BVerfG die dafür ausstehende Sondersitzung des Bundestages am kommenden Dienstag noch stoppt, wird ebenfalls mit Spannung erwartet.
dpa/pdi/ms/LTO-Redaktion
BVerfG lehnt BSW-Anträge ab: . In: Legal Tribune Online, 13.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56790 (abgerufen am: 18.03.2025 )
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