Im Haushaltsplan 2019 hat der Bundestag die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung von der staatlichen Förderung ausgeschlossen. Das war rechtswidrig, hat das BVerfG festgestellt. Wiedergutmachung gibt es aber nicht, entschied es nun.
Per Beschluss (v. 19.02.2025, Az. 2 BvE 3/19) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen Antrag der AfD auf Erlass einer nachträglichen Vollstreckungsanordnung abgelehnt. Die Karlsruher Richter hielten den Antrag nach § 35 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) schon für unzulässig.
Die AfD hatte versucht, Nachzahlungen in Höhe von jeweils 900.000 Euro für die Jahre 2019, 2020 und 2021 für die ihr nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) zu erhalten. Die DES war bisher von der staatlichen Stiftungsförderung ausgeschlossen.
Dem jetzigen Antrag liegt ein Urteil des BVerfG vom 22. Februar 2023 zugrunde. Damals hatten die Verfassungshüter festgestellt, dass die bisherige Praxis zur staatlichen Finanzierung von parteinahen Stiftungen verfassungswidrig war. Deren Finanzierung wurde bis 2023 lediglich jährlich im Haushaltsplan festgeschrieben. Eine Stiftung erhielt dann sogenannte staatliche Globalzuschüsse, wenn die Partei, der sie nahestand, mindestens zweimal in Folge mit Fraktionsstärke im Bundestag vertreten war. Ein formelles Gesetz zur Finanzierungsregelung jedoch fehlte.
Die AfD wollte im nun entschiedenen Verfahren die Vollstreckung dieses Urteils erreichen und argumentierte, der DES stünden entsprechend für die Jahre 2019 bis 2021 jeweils 900.000 Euro staatliches Geld nachträglich zu.
Schritt 1: AfD gewinnt Organstreit
Die AfD hatte sich zunächst im Wege eines Organstreitverfahrens dagegen gewehrt, dass ihre Stiftung per Haushaltsplan von der Förderung ausgeschlossen worden war. Die Regierung hatte die DES nach der damaligen staatlichen Förderungspraxis schlicht nicht berücksichtigt. Darin sah die AfD einen Verstoß gegen ihr Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb aus Art. 21 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (GG) und das Willkürverbot. Dies wollte sie für die Jahre 2019 bis 2022 festgestellt wissen. Während das Verfahren für das Jahr 2022 abgetrennt wurde (eine Entscheidung steht noch aus), waren laut BVerfG die Anträge für die Jahre 2020 und 2021 verfristet.
Das BVerfG stimmte in seiner Entscheidung aus 2023 allerdings der AfD-Argumentation für das Jahr 2019 zu und bejahte einen Verstoß gegen die Chancengleichheit. Es mangele an einer Rechtsgrundlage, die einen Eingriff rechtfertigen könne. Mit dem Stiftungsfinanzierungsgesetz (StiftFinG) wurde später eine Rechtsgrundlage geschaffen.
Schritt 2: AfD-Antrag auf Vollstreckung
Das Urteil von 2023 ging der AfD aber nicht weit genug. Sie beantragte den Erlass einer nachträglichen Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG – erfolglos.
Mit der Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG steht ein Instrument zur Durchsetzung einer Entscheidung des BVerfG zur Verfügung. Damit soll die Sachentscheidung gesichert werden. Das Verfassungsgericht hat dabei einen weiten Spielraum, es darf sämtliche Maßnahmen ergreifen, um das gefällte Urteil umzusetzen. Auch ist es möglich – so wie die AfD es in diesem Verfahren tat –, erst nach Erlass der Hauptsacheentscheidung einen selbstständigen Beschluss nach § 35 BVerfGG zu erwirken.
In ihrem Beschluss stellten die Verfassungshüter nun aber fest, dass der Antrag der AfD schon unzulässig ist, er sei nämlich nicht statthaft.
BVerfG: Wiedergutmachung geht über 2023er-Urteil hinaus
Vollstreckt werden können laut BVerfG nur Tenor und tragende Gründe der Sachentscheidung. Entscheidend sei also, dass die geforderte Vollstreckungsanordnung nicht weiter geht als die Hauptsacheentscheidung aus 2023. Die Vollstreckung sei akzessorisch und dürfe die Sachentscheidung nicht ändern oder erweitern.
Hier liegt der juristische Knackpunkt: Die AfD beantragte nämlich eine monetäre Wiedergutmachung für die Jahre 2019, 2020 und 2021 für die DES, konkret 900.000 Euro Nachzahlung pro Jahr. In diesen Jahren hatte die Stiftung keine Zuschüsse erhalten.
Das BVerfG wies den Antrag nun für alle drei Jahre ab. Für die Jahre 2020 und 2021 fehle es bereits an einer Hauptsacheentscheidung, da für diesen Zeitraum im Urteil aus 2023 eine Abweisung wegen Verfristung erfolgte.
Für das Jahr 2019, für das die AfD im Organstreit erfolgreich war, sei aber lediglich die Verfassungswidrigkeit der Finanzierungspraxis festgestellt worden, so das BVerfG. Daraus folge keine Verpflichtung einer Nachzahlung für den Staat. Der Bundestag sei durch die Entscheidung aus 2023 nur angehalten worden, künftige Verfassungsverstöße zu vermeiden. Der Antrag der AfD ist laut Karlsruher Richter also auf eine Änderung der Hauptsacheentscheidung gerichtet, was nicht statthaft ist. Somit sei der AfD-Antrag unzulässig.
Nach neuer Rechtslage Finanzierungsausschluss möglich
Nach dem wegweisenden Urteil 2023 hatte der Bundestag das StiftFinG auf den Weg gebracht, um verfassungsgemäße Zustände herzustellen. Zwar hatte das BVerfG einen Verfassungsverstoß bejaht und den Gesetzgeber zur Schaffung eines Parlamentsgesetzes aufgefordert. Aber schon damals betonten die Gesetzeshüter, dass auch ein Gesetz geschaffen werden könne, nach dem weiterhin parteinahe Stiftungen von Globalzuschüssen ausgeschlossen werden könnten.
Das wurde bei der Gesetzesumsetzung berücksichtigt. Der neue § 2 Abs. 2 bis 5 StiftFinG stellt Kriterien zum Erhalt der staatlichen Zuschüsse auf. Dazu gehört, dass die nahestehende Partei mindestens dreimal ununterbrochen in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten sein muss und die Partei selbst nicht von staatlicher Parteienfinanzierung ausgeschlossen sein darf. Außerdem muss die Stiftung die freiheitlich demokratische Grundordnung fördern und dem Gedanken der Völkerverständigung dienen. Die Entscheidungskompetenz liegt nach § 7 Abs. 2 StiftFinG beim Bundesministerium des Innern und der Heimat.
Antrag vor dem BVerfG erfolglos: . In: Legal Tribune Online, 27.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56888 (abgerufen am: 24.05.2025 )
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